Anton Samsonov

Psychologische Hilfe & Coaching

a.samsonov@thepsychologist.de

Monat: September 2017

  • Michael Jordan – Vom Siegen und Scheitern einer Sportlegende

    Michael Jordan – Vom Siegen und Scheitern einer Sportlegende

    Dank für das Foto geht an Howard Chai


    Wie trainiert eine Sportlegende wie Michael Jordan? Was treibt ihn an? Was denkt er während des Trainings und was fühlt er danach? Können alle Ziele erreicht werden oder gibt es Grenzen, die nicht überwunden werden können? Mehr dazu von Michael Jordan.

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  • Grit – Bist du zufrieden, unzufrieden zu sein?

    Grit – Bist du zufrieden, unzufrieden zu sein?

     dylan nolte

    Die Frage, welche Rolle Talent im Sport spielt, ist wahrscheinlich so alt wie der Sport selbst – sehr sehr alt. Und da finden wir ein breites Spektrum an Meinungen, Ansichten, Überzeugungen und Forschungsarbeiten. Wer wird langfristig erfolgreicher? – Ein talentierter oder ein untalentierter Sportler? Die Antwort auf die Frage scheint klar zu sein und doch ist sie es nicht.

    „Nothing is more common than unsuccessful men with talent.“ Calvin Coolidge

    „Nichts ist gewöhnlicher, als talentierte Männer ohne Erfolg.“

    Bedeutet so viel wie: Talent ist keine Garantie für Erfolg. Großartiger Spruch, der den untalentiertesten von uns doch sehr schmeichelt. Zu diesem Thema gibt es viel Forschung, Literatur, Meinungen etc. Es wäre ganz fabelhaft, wenn man all das in einem Beitrag zusammenfassen könnte. Ich beschränke mich allerdings auf die aktuelle Arbeit von Angela Duckworth (2017), die uns eine interessante Perspektive auf sportliche Spitzenleistung werfen lässt.

    Grit – Durchhaltevermögen

    Das Buch heißt „Grit“ und bedeutet so viel wie Biss oder Durchhaltevermögen (Zu einem besseren Lesefluss verwende ich ab jetzt nur noch das Wort Biss oder bissig). Wie wichtig ist Biss im Sport oder im Leben allgemein? Offensichtlich wichtig, denn sonst hätte Angela kein Buch darüber geschrieben. Alles fängt mit einem Beispiel aus einer elitären Militärakademie an – Westpoint.

    Rigoroser Trainingsplan, gnadenlose Ausbilder, atemlos durch den Tag – so könnte man das Ausbildungsprogramm in Westpoint beschreiben. Die Ausfallzahlen sind sehr hoch, mit anderen Worten, viele fangen an und die meisten geben auf. Wäre es nicht super, wenn man vorhersagen könnte, wer weiterkommt und wer aufgibt? Wie unterscheiden sich Leute die aufgeben von denen die weitermachen?

    Liegt der Unterschied in der Intelligenz – nope. In Schulnoten – nope. Körpergröße – nope. Politische Einstellung – nein. Jetzt muss man wahrlich kein Genie sein, um auf die Lösung zu kommen. Biss, also Grit ist eine mögliche Antwort. Die Einstellung „Gib niemals auf“ macht einen bedeutenden Unterschied. Diese Einstellung ist natürlich nicht das einzige was zählt, aber es hat einen deutlichen Einfluss, der es wert ist, erwähnt zu werden.

    „Ich gebe nicht auf!“

    Was hat das mit Sport zu tun? Nun, ganz viel. Großartigen Sportlern wird oft zugeschrieben, dass sie talentiert sind, begnadet mit Feingefühl, blitzschnellen Reflexen, monströsen Aufschlägen etc. Doch ein Blick hinter die Kulissen der öffentlichen Darstellung genügt, um zu sehen, dass das nicht die ganze Wahrheit ist. Jeder von uns hat Dinge gelernt: Schreiben, Lesen, mit einer Gabel essen, einen Fußball treten, einen Ball werfen, Schläger halten. Das sind Beispiele für Fertigkeiten die nicht über Nacht erlernt wurden, sondern Zeit brauchen.

    Spinnen wir den Gedanken weiter und kommen zu dem Hauptpunkt – die erfolgreichen Sportler streben eine kontinuierliche Verbesserung an, geben nicht auf, setzen einen Fuß vor den anderen, auch wenn sie glauben nicht mehr weitergehen zu können. Sie sind „satisfied being unsatisfied“.

    Sie sind zufrieden damit, mit sich selbst nie zufrieden zu sein und mehr zu wollen, mehr von sich zu verlangen und noch mehr aus sich herauszuholen. Großartige Leistungen und Fähigkeiten sind lediglich Ansammlungen von „einfachen“ Handlungen, die dauerhaft, regelmäßig und diszipliniert bis zur Perfektion wiederholt werden.

    Quellen

    Duckworth, A. (2017).  Grit – Why passion and resilience are the secrets to success.

  • Sportpsychologie – Unterschätzt und überschätzt

    Sportpsychologie – Unterschätzt und überschätzt

    Jeder von uns hat den Wunsch, die Welt zu verstehen und zu erklären. Früher erschuf man sich Götter, um Naturereignisse verstehen und erklären zu können. Auch in der heutigen Zeit können wir uns nicht von dieser Tendenz freisprechen.

    Wir sehnen uns nach Antworten: Wie kann ich mein Leben in die gewünschte Richtung verändern? Welche Diät muss eingehalten werden? Wie kann ich meinen persönlichen und beruflichen Erfolg maximieren? Kurz gesagt, wir wollen klare Antworten auf unklare Fragen. Diese Tendenz zeigt sich auch im Sport, wenn man versucht zu verstehen, warum eine Mannschaft verliert und eine andere gewinnt.

    Bei den Deutschen Beachvolleyball Meisterschaften am Timmendorfer Strand wurde ich Zeuge einer Unterhaltung zweier Psychologiestudierenden, die sich über das Spiel von Erdmann/Dollinger und der Poniewaz Brüdern unterhielten. Es fing mit harmlosen Mutmaßungen an, wieso bestimmte Punkte „verschenkt“ wurden und weshalb andere Punkte eindeutig ausfielen.

    Nichts blieb unbeachtet – die Körpersprache der Athleten, ihre Gangart, die verbale Kommunikation zwischen den einzelnen Punkten, die emotionalen Reaktionen auf Misserfolge. Diese Situation ist ein Beispiel für den Wunsch, bestimmte Ereignisse verstehen und erklären zu können. Dieser Wunsch nach Verständnis treibt die Wissenschaft zu neuen Erkenntnissen an und sorgt für Entdeckungen und Fortschritt. Doch hat jede Lichtquelle auch ihre Schatten.

    So mündet der Wunsch zu verstehen, zu erklären und vorherzusagen manchmal auch in sehr starker Vereinfachung der tatsächlichen Ereignisse. Nicht zuletzt der Lob an Annett Szigeti durch Laura Ludwig und Kira Walkenhorst sorgte für reges Interesse und breite Aufmerksamkeit gegenüber der Sportpsychologie.

    Auch der Aufruf der weiblichen Deutschen Beachvolleyball Meister von 2017 Chantal Laboureur und Julia Sude, die ihren Mentaltrainer gewürdigt haben, ist aus Sicht der Sportpsychologie sehr positiv anzumerken. Der offene Umgang mit dem Thema Psychologie ist für die meisten Psychologen willkommen. Doch auch dieser Lichtkegel, der die Sportpsychologie für die breite Masse erleuchtet, erschafft sogleich schattige Seiten, die wiederum beleuchtet werden sollten.

    Durch die stärkere Aufmerksamkeit auf Mentaltrainer sollte jedem bewusst sein, dass die Sportpsychologie keine Erfolgsformel ist, die einen Sieg auf eigene Faust herbeiführen kann. Den Löwenanteil der Arbeit verrichten immer noch die Sportler und die Coaches. Dieser Beitrag ist ein Aufruf an Skeptiker und Anhänger der Sportpsychologie ihre Ansichten zu überdenken und anzupassen.

    Spätestens seit der monumentalen Arbeit von Daniel Kahneman „Schnelles Denken, Langsames Denken“ ist auch der breiten Öffentlichkeit nahegelegt worden, dass das menschliche Denken „biased“, also verzerrt und unvollständig ist und eine Anpassung sinnvoll sein kann. Interessierte seien an sein Buch verwiesen:

    „Die Assoziationsmaschine (der Teil unseres Denkens, der schnell und intuitiv agiert) ist so eingestellt, dass sie Zweifel unterdrückt und Ideen und Informationen, die mit der aktuell dominanten Geschichte vereinbar sind, ins Gedächtnis ruft. […] Es ist daher nicht überraschend, dass viele von uns allzu sehr von der Richtigkeit unbegründeter Intuitionen überzeugt sind. […] Das Vertrauen, das Menschen in ihre Intuitionen haben, ist kein verlässlicher Maßstab für deren Richtigkeit. Anders gesagt, trauen Sie niemandem – auch nicht sich selbst -, der Ihnen sagt, dass Sie seinem Urteil vertrauen sollen.“ [1] (S. 296).

    Im Lichte der Erkenntnisse, dass unser Denken auch verzerrt sein kann, möchte ich die Skeptiker dazu aufrufen, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass sie die Möglichkeiten der Sportpsychologie unterschätzen. Während ich von den Anhängern der Sportpsychologie erwarten würde, dass sie die Möglichkeit zulassen, dass sie den Beitrag der Sportpsychologie tendenziell überschätzen.

    Es steht außer Frage, dass gut ausgebildete und erfahrene Sportpsychologen einen wichtigen und bedeutenden Einfluss auf Leistung der betreuten Athleten haben [2] [3]. Versuchen wir diesen Einfluss weder zu unterschätzen noch zu überschätzen.

    Quellen

    [1] Kahneman, D. (2011). Thinking, fast and slow.

    [2] Weinberg, R. S., & Comar, W. (1994). The effectiveness of psychological interventions in competitive sport. Sports Medicine, 18(6), 406-418.

    [3] Weinberg, R. S., & Gould, D. (2014). Foundations of Sport and Exercise Psychology, 6E. Human Kinetics.