Offen für Neues? – Offenheit und Arbeit

Menschliche Persönlichkeiten bestehen aus fünf großen Eigenschaften. Die Ausprägung dieser Eigenschaften unterscheidet sich...

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Nobody knows anything

Ben Stiller

Das Fundament haben wir im ersten Teil des Beitrags bereits gelegt. Menschliche Persönlichkeiten bestehen aus fünf großen Eigenschaften. Die Ausprägung dieser Eigenschaften unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Unsere Persönlichkeit kann sich verändern, tut es aber meist widerwillig und nur in geringem Maße. Offenheit für Erfahrungen ist eine von diesen fünf Eigenschaften.

Offen und intelligent?

Jeder von uns besitzt eine gewisse Offenheit, die einen mehr, die anderen weniger. Denjenigen, die mehr davon haben, könnte der nächste Satz gefallen. Studien zeigen, dass Offenheit mit Intelligenz zusammenhängt (z.B. Moutafi, Furnham & Crump, 2006). Heißt natürlich nicht, dass Offenheit zu mehr Intelligenz führt. Könnte ja auch andersherum sein.

Wir wissen also, dass es einen Zusammenhang gibt. Wenn du also einen Menschen kennst, den du als besonders aufgeschlossen und neugierig erlebst, dann stehen die Chancen gut, dass er auch überdurchschnittlich intelligent ist (was auch immer an dieser Stelle „überdurchschnittlich“ bedeutet).

… und gut bei der Arbeit?

Langjährige Forschung zeigt, dass intelligente Menschen ihren Job gut machen, weil sie Inhalte schnell erlernen und anwenden können. Intelligenz ist einer der besten Prädiktoren von Arbeitsleistung die wir kennen, dicht gefolgt von Gewissenhaftigkeit (Schmidt & Hunter, 1996). Wenn intelligente Menschen also gute Arbeit machen und Intelligenz stark mit Offenheit zusammenhängt, dann müsste auch Offenheit zu besserer Arbeitsleistung beitragen. Nicht wahr?

Sehen wir uns dazu die wissenschaftlichen Befunde an, die uns überraschen könnten, weil Offenheit einer der schlechtesten Prädiktoren von Arbeitsleistung ist (siehe Metaanalyse von Barrick & Mount, 1991). Der Zusammenhang zwischen Arbeitsleistung und Offenheit lag bei r = -.02. Diese Zahl sagt uns, dass eine ausgeprägte Offenheit scheinbar nichts darüber aussagt, wie gut jemand seinen Job macht (Griffin & Hesketh, 2004).

Aber wie kann das sein? Wenn Offenheit und Intelligenz doch irgendwie zusammenhängen, dann müssten die intelligenten Menschen ihren Job doch eigentlich besser als die anderen machen?

Es kommt darauf an…

Um den Zusammenhang zwischen Arbeitsleistung und Offenheit zu verstehen, müssen wir das Ganze etwas differenzierter sehen. Zum einen kommt es auf die Art der Arbeit an. Wir können annehmen, dass Arbeiten, die Innovation und Gestaltung erfordern, mehr von Offenheit der Person profitieren, als Arbeiten, die einer mechanischen Ausführung bedürfen. Doch selbst in einem innovativen Job scheinen die Personen nicht unbedingt bessere Leistung zu erbringen (Griffin & Hesketh, 2004).

Die Lösung scheint in der Definition von Offenheit zu liegen. Denn die Forschung zeigt, dass Offenheit eine Dimension ist, die von internal bis external reicht (Jang et al., 2002). Manche Menschen tendieren eher zu einer internalen Offenheit und sind gegenüber Fantasien, Ästhetik und Gefühlen aufgeschlossen. Diese Art von Offenheit ist eher nach innen gerichtet und reflektierend.

Andere könnte man als external Neugierige bezeichnen, denn sie sehnen sich nach neuen Handlungen, Werten und Ideen. Ihre Offenheit ist eher nach außen gerichtet und nimmt die Umwelt in ihren Fokus. Das konnten Forscher anhand genetischer Analysen anhand tausender TeilnehmerInnen zeigen, in sehr aufwendigen und langjährigen Untersuchungen (Jang et al., 2002). Jetzt kommt die Preisfrage. Welche Art von Offenheit trägt eher zu Arbeitsleistung bei der Arbeit bei – die internale oder die externale? 

Innen oder außen?

Die Studien deuten in Richtung der externalen Offenheit (Griffin & Hesketh, 2004). External offene Individuen sind gegenüber ihrer Umwelt (u.a. bei der Arbeit) aufgeschlossen und bemerken eher Informationen, Möglichkeiten und Situationen, in die sie sich mit ihren Ideen, ihrer Kreativität und Intelligenz einbringen können. Die internale Offenheit trägt eher dazu bei, dass sich der Fokus nach innen richtet und reflektierend ist. Die unmittelbare Umwelt ist für diese Pesonen nicht so interessant – sie ruhen eher in sich selbst. Der internale Fokus dieser Personen ist eine Stärke, die, wenn man sie richtig einsetzt, ebenfalls zur besseren Arbeitsleistung beitragen kann.

Führen wir uns nochmal vor Augen, dass es nicht nur unsere Persönlichkeit ist, die unsere Arbeitsleistung und Produktivität beeinflusst, sondern natürlich auch die Wahl unserer Arbeit.

Wir sind alle Entdecker

Jeder von uns hat eine gewisse Offenheit gegenüber der Welt in der wir leben. Wir unterscheiden uns in dieser Hinsicht und das ist gut so. Einige von uns sehnen sich nach schönen Sonnenaufgängen und flanieren durch die Städte, andere zieht es in phantasievolle Umgebungen von literarischen Meisterwerken. Diese Unterschiede machen die Vielfalt unserer Welt aus. Doch in einem sind wir gleich – wir sind alle Entdecker. Entdecker neuer Ideen, Aktivitäten, Möglichkeiten, Arbeitsweisen, Menschen und Ressourcen.

Wonach wir uns auch sehnen, jeder Tag ist eine neue Chance.

Photo by Greg Rakozy on Unsplash

Erfahre mehr

  • Hast du von dem Begriff Multipotentialite gehört? Eine Person mit ausgeprägter Offenheit und diversen Interessen. Sieh dir das TED Talk an – Link
  • Magst du Podcasts über Arbeit? Link
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Quellen

Barrick, M. R., & Mount, M. K. (1991). The big five personality dimensions and job performance: a meta‐analysis. Personnel psychology, 44(1), 1-26.

Hunter, J. E., & Schmidt, F. L. (1996). Intelligence and job performance: Economic and social implications. Psychology, Public Policy, and Law, 2(3-4), 447.

Jang, K. L., Livesley, W. J., Angleitner, A., Riemann, R., & Vernon, P. A. (2002). Genetic and environmental influences on the covariance of facets defining the domains of the five-factor model of personality. Personality and individual Differences, 33(1), 83-101.

Moutafi, J., Furnham, A., & Crump, J. (2006). What facets of openness and conscientiousness predict fluid intelligence score?. Learning and Individual Differences, 16(1), 31-42.