Offen für Neues? – Wie Persönlichkeit dein Leben gestaltet

Deine Offenheit beeinflusst alles, was dich umgibt. Es bestimmt über deine Motivation Dinge zu tun, zu sehen und auszuprobieren. Es beeinflusst was du lernst, was du isst, welche Freunde und Hobbies du hast. Diese Persönlichkeitseigenschaft gestaltet dein Leben ...

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Do one thing every day that scares you

Eleanore Roosevelt

Bist du offen für neue Erfahrungen? Die Antwort auf diese Frage liefert einen kleinen Einblick in deine Persönlichkeit und damit auch in dein Leben. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit der Persönlichkeitseigenschaft Offenheit, die jeder von uns hat. Doch bevor wir uns gänzlich der Offenheit widmen – eine kurze Frage. Wie viel weißt du über Persönlichkeit?

Wusstest du, dass es aus fünf großen Eigenschaften besteht, die dein Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen und damit auch dein ganzes Leben gestalten?

Fünf Eigenschaften jeder Persönlichkeit

Neurotizismus
Extraversion
Offenheit
Verträglichkeit
Gewissenhaftigkeit

Neurotizismus

Extraversion

Offenheit für


Erfahrungen

Verträglichkeit

Gewissenhaftigkeit

Vielleicht eine kurze und plakative Erläuterung der Eigenschaften? Neurotizismus kann man als emotionale Labilität bezeichnen, beschreibt also Menschen, die emotional verletzlich sind. Extraversion kann man sich als Geselligkeit vorstellen. Offenheit für Erfahrungen ist die Aufgeschlossenheit gegenüber der Welt und neuen Erfahrungen. Unter Verträglichkeit versteht man kooperationsbereitschafte und empathische Züge des Menschen. Gewissenhafte Menschen können wir auch als organisiert und effizient betiteln.

Diese Eigenschaften werden im Schnitt bis zu 50% von den Eltern vererbt – mit anderen Worten, ca. die Hälfte unserer Persönlichkeit bekommen wir von unseren Eltern geschenkt (Bouchard & McGue, 2003). Unsere Persönlichkeit ist zudem ziemlich stabil, verändert sich im Laufe der Zeit also nur geringfügig. Wenn du mehr über Persönlichkeitsänderung über Jahrzehnte erfahren möchtest – Link.

Persönlichkeit ist kein Trend

Wenn du also gesellig bist, dann wirst du dein Leben lang auch gesellig bleiben. Scheust du den Kontakt zu Menschen, dann ist es wahrscheinlich, dass auch das sich nicht verändert. Die Tendenzen, die du schon als Kind hattest, werden dich voraussichtlich dein Leben lang begleiten (Costa & McCrae, 1985; McCrae & Costa, 1989). Unter diesem Link findest du weitere Informationen – Link. Verwechseln wir Persönlichkeitseigenschaften nicht mit Kompetenzen oder Fähigkeiten, die wir aufbauen und entwickeln können. Eine Veränderung der eigenen Reaktionen, des eigenen Verhaltens ist mit Training möglich. Die stabilen Züge unserer Persönlichkeit sind da wesentlich starrer.

Anders als Trends, verändert sich unsere Persönlichkeit nur geringfügig

Fokus auf Offenheit

Nun aber zum eigentlichen Ziel des Beitrags. In diesem Beitrag zoomen wir auf die Eigenschaft, die von den Persönlichkeitsforschern als eine der komplexesten angesehen wird (Silvia & Christensen, 2020). Es widersetzt sich der Kartografierung wie ein Ozean, den wir in Tiefe, Breite und Länge zwar vermessen, aber nicht in all seiner Vielfalt begreifen können.

In einem ist man sich immerhin einig, Offenheit sei eine universelle Eigenschaft, die allen Menschen eigen ist. Diskutiert werden eher die einzelnen Bestandteile dieser sehr umfassenden Eigenschaft (Silvia & Christensen, 2020). Einzelne Facetten von Offenheit sind beispielsweise: Neugier, Fantasie, Ideenreichtum, Vorliebe für Kunst, Musik und philosophische Themen. Diese Facetten hängen miteinander zusammen – Menschen also, die eine besondere Vorliebe für Musik haben, sind auch sonst relativ neugierig und erkunden gerne ihre Umwelt.

Wie offen?

Bedenken wir dabei folgendes – jeder Mensch hat eine gewisse Offenheit für Erfahrungen. Der Unterschied liegt vor allem darin, für welche Erfahrungen man offen und wie stark die Offenheit ausgeprägt ist. Intellektuell neugierig und motiviert, Neues kennenzulernen – so kann man sich den Menschen vorstellen, der eine hohe Offenheit hat. Menschen mit niedrigen Ausprägungen könnte man als traditionell und konservativ bezeichnen – sie ziehen ihre Routinen vor und setzen sich nicht gerne neuen Erfahrungen aus. Sie haben ein begrenztes Spektrum an Interessen und fühlen sich dort wohl, wo sie sich auskennen.

Vergleiche die folgenden Bilder. Erkennst du den möglichen Unterschied in der Offenheit dieser Charaktere?

Dem Mann auf dem linken Bild könnte man hier die niedrigere Offenheit der beiden bescheinigen, oder? Natürlich könnte es auch derselbe Mann sein – einmal während der normalen Zeit (links) und einmal im Urlaub (rechts). Die Auswahl der Bilder selbst ist auch schon eine Verzerrung, aber an sich sind wir ziemlich gut darin,  Persönlichkeitseigenschaften von uns komplett unbekannten Menschen richtig einzuschätzen.

Es gibt einen eigenen Forschungszweig, der sich damit beschäftigt, wie akkurat wir unbekannte Menschen einschätzen können. Anhand folgender Informationen ist eine relativ akkurate Einschätzung einiger Eigenschaften von völlig Fremden möglich: Gesichtsfotos, kurze Videos in der die Person einen einfachen Text vorliest, lautlose Videos und Fotos von Wohnzimmern der Personen (z.B. Kenny, Albright, Malloy & Kashy, 1994; Zebrowitz & Collins, 1997).

Spieglein Spieglein …

Würde es dich schockieren, wenn ich behaupte, dass deine Offenheit alles beeinflusst, was dich umgibt? Es bestimmt über deine Motivation Dinge zu tun, zu sehen und auszuprobieren. Es beeinflusst was du lernst, was du isst, welche Freunde und Hobbies du hast. Kennt man deine Offenheit, so kann man auch gut vorhersagen, was dir gefallen wird und welchen Partner du bevorzugen würdest. Es beeinflusst deine politische Haltung, die Wahl deiner Freunde und deiner Arbeit.

Offenheit geht mit erhöhter Kreativität einher und ist häufig bei Künstlern, Musikern und Forschern besonders ausgeprägt (Feist, 1998). Zusätzlich steht es im Zusammenhang mit ausgeprägter Fähigkeit Emotionen und Gesichtsausdrücke zu lesen, also einer ausgeprägten emotionalen Intelligenz. Es gibt auch einen Zusammenhang (.30-.45) zu Intelligenz (z.B. Moutafi, Furnham & Crump, 2006).


Quellen

Beer, A., & Watson, D. (2008). Personality judgment at zero acquaintance: Agreement, assumed similarity, and implicit simplicity. Journal of Personality Assessment, 90(3), 250-260.

Bouchard Jr, T. J., & McGue, M. (2003). Genetic and environmental influences on human psychological differences. Journal of neurobiology, 54(1), 4-45.

Costa, P. T., & McCrae, R. R. (1985). The NEO personality inventory. Odessa, FL: Psychological Assessment Resources.

Feist, G. J. (1998). A meta-analysis of personality in scientific and artistic creativity. Personality and social psychology review, 2(4), 290-309.

Kenny, D. A., Albright, L., Malloy, T. E., & Kashy, D. A. (1994). Consensus in interpersonal perception: Acquaintance and the big five. Psychological bulletin, 116(2), 245.

McCrae, R. R., & Costa, P. T. (1989). The structure of interpersonal traits: Wiggins’s circumplex and the five-factor model. Journal of personality and social psychology, 56(4), 586.

Silvia, P. J., & Christensen, A. P. (2020). Looking up at the curious personality: Individual differences in curiosity and Openness to Experience. Current Opinion in Behavioral Sciences, 35, 1-6.

Zebrowitz, L. A., & Collins, M. A. (1997). Accurate social perception at zero acquaintance: The affordances of a Gibsonian approach. Personality and social psychology review, 1(3), 204-223.