Schlagwort: Sportpsychologie

  • Michael Jordan – Vom Siegen und Scheitern einer Sportlegende

    Michael Jordan – Vom Siegen und Scheitern einer Sportlegende

    Dank für das Foto geht an Howard Chai


    Wie trainiert eine Sportlegende wie Michael Jordan? Was treibt ihn an? Was denkt er während des Trainings und was fühlt er danach? Können alle Ziele erreicht werden oder gibt es Grenzen, die nicht überwunden werden können? Mehr dazu von Michael Jordan.

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  • Grit – Bist du zufrieden, unzufrieden zu sein?

    Grit – Bist du zufrieden, unzufrieden zu sein?

     dylan nolte

    Die Frage, welche Rolle Talent im Sport spielt, ist wahrscheinlich so alt wie der Sport selbst – sehr sehr alt. Und da finden wir ein breites Spektrum an Meinungen, Ansichten, Überzeugungen und Forschungsarbeiten. Wer wird langfristig erfolgreicher? – Ein talentierter oder ein untalentierter Sportler? Die Antwort auf die Frage scheint klar zu sein und doch ist sie es nicht.

    „Nothing is more common than unsuccessful men with talent.“ Calvin Coolidge

    „Nichts ist gewöhnlicher, als talentierte Männer ohne Erfolg.“

    Bedeutet so viel wie: Talent ist keine Garantie für Erfolg. Großartiger Spruch, der den untalentiertesten von uns doch sehr schmeichelt. Zu diesem Thema gibt es viel Forschung, Literatur, Meinungen etc. Es wäre ganz fabelhaft, wenn man all das in einem Beitrag zusammenfassen könnte. Ich beschränke mich allerdings auf die aktuelle Arbeit von Angela Duckworth (2017), die uns eine interessante Perspektive auf sportliche Spitzenleistung werfen lässt.

    Grit – Durchhaltevermögen

    Das Buch heißt „Grit“ und bedeutet so viel wie Biss oder Durchhaltevermögen (Zu einem besseren Lesefluss verwende ich ab jetzt nur noch das Wort Biss oder bissig). Wie wichtig ist Biss im Sport oder im Leben allgemein? Offensichtlich wichtig, denn sonst hätte Angela kein Buch darüber geschrieben. Alles fängt mit einem Beispiel aus einer elitären Militärakademie an – Westpoint.

    Rigoroser Trainingsplan, gnadenlose Ausbilder, atemlos durch den Tag – so könnte man das Ausbildungsprogramm in Westpoint beschreiben. Die Ausfallzahlen sind sehr hoch, mit anderen Worten, viele fangen an und die meisten geben auf. Wäre es nicht super, wenn man vorhersagen könnte, wer weiterkommt und wer aufgibt? Wie unterscheiden sich Leute die aufgeben von denen die weitermachen?

    Liegt der Unterschied in der Intelligenz – nope. In Schulnoten – nope. Körpergröße – nope. Politische Einstellung – nein. Jetzt muss man wahrlich kein Genie sein, um auf die Lösung zu kommen. Biss, also Grit ist eine mögliche Antwort. Die Einstellung „Gib niemals auf“ macht einen bedeutenden Unterschied. Diese Einstellung ist natürlich nicht das einzige was zählt, aber es hat einen deutlichen Einfluss, der es wert ist, erwähnt zu werden.

    „Ich gebe nicht auf!“

    Was hat das mit Sport zu tun? Nun, ganz viel. Großartigen Sportlern wird oft zugeschrieben, dass sie talentiert sind, begnadet mit Feingefühl, blitzschnellen Reflexen, monströsen Aufschlägen etc. Doch ein Blick hinter die Kulissen der öffentlichen Darstellung genügt, um zu sehen, dass das nicht die ganze Wahrheit ist. Jeder von uns hat Dinge gelernt: Schreiben, Lesen, mit einer Gabel essen, einen Fußball treten, einen Ball werfen, Schläger halten. Das sind Beispiele für Fertigkeiten die nicht über Nacht erlernt wurden, sondern Zeit brauchen.

    Spinnen wir den Gedanken weiter und kommen zu dem Hauptpunkt – die erfolgreichen Sportler streben eine kontinuierliche Verbesserung an, geben nicht auf, setzen einen Fuß vor den anderen, auch wenn sie glauben nicht mehr weitergehen zu können. Sie sind „satisfied being unsatisfied“.

    Sie sind zufrieden damit, mit sich selbst nie zufrieden zu sein und mehr zu wollen, mehr von sich zu verlangen und noch mehr aus sich herauszuholen. Großartige Leistungen und Fähigkeiten sind lediglich Ansammlungen von „einfachen“ Handlungen, die dauerhaft, regelmäßig und diszipliniert bis zur Perfektion wiederholt werden.

    Quellen

    Duckworth, A. (2017).  Grit – Why passion and resilience are the secrets to success.

  • Sportpsychologie – Unterschätzt und überschätzt

    Sportpsychologie – Unterschätzt und überschätzt

    Jeder von uns hat den Wunsch, die Welt zu verstehen und zu erklären. Früher erschuf man sich Götter, um Naturereignisse verstehen und erklären zu können. Auch in der heutigen Zeit können wir uns nicht von dieser Tendenz freisprechen.

    Wir sehnen uns nach Antworten: Wie kann ich mein Leben in die gewünschte Richtung verändern? Welche Diät muss eingehalten werden? Wie kann ich meinen persönlichen und beruflichen Erfolg maximieren? Kurz gesagt, wir wollen klare Antworten auf unklare Fragen. Diese Tendenz zeigt sich auch im Sport, wenn man versucht zu verstehen, warum eine Mannschaft verliert und eine andere gewinnt.

    Bei den Deutschen Beachvolleyball Meisterschaften am Timmendorfer Strand wurde ich Zeuge einer Unterhaltung zweier Psychologiestudierenden, die sich über das Spiel von Erdmann/Dollinger und der Poniewaz Brüdern unterhielten. Es fing mit harmlosen Mutmaßungen an, wieso bestimmte Punkte „verschenkt“ wurden und weshalb andere Punkte eindeutig ausfielen.

    Nichts blieb unbeachtet – die Körpersprache der Athleten, ihre Gangart, die verbale Kommunikation zwischen den einzelnen Punkten, die emotionalen Reaktionen auf Misserfolge. Diese Situation ist ein Beispiel für den Wunsch, bestimmte Ereignisse verstehen und erklären zu können. Dieser Wunsch nach Verständnis treibt die Wissenschaft zu neuen Erkenntnissen an und sorgt für Entdeckungen und Fortschritt. Doch hat jede Lichtquelle auch ihre Schatten.

    So mündet der Wunsch zu verstehen, zu erklären und vorherzusagen manchmal auch in sehr starker Vereinfachung der tatsächlichen Ereignisse. Nicht zuletzt der Lob an Annett Szigeti durch Laura Ludwig und Kira Walkenhorst sorgte für reges Interesse und breite Aufmerksamkeit gegenüber der Sportpsychologie.

    Auch der Aufruf der weiblichen Deutschen Beachvolleyball Meister von 2017 Chantal Laboureur und Julia Sude, die ihren Mentaltrainer gewürdigt haben, ist aus Sicht der Sportpsychologie sehr positiv anzumerken. Der offene Umgang mit dem Thema Psychologie ist für die meisten Psychologen willkommen. Doch auch dieser Lichtkegel, der die Sportpsychologie für die breite Masse erleuchtet, erschafft sogleich schattige Seiten, die wiederum beleuchtet werden sollten.

    Durch die stärkere Aufmerksamkeit auf Mentaltrainer sollte jedem bewusst sein, dass die Sportpsychologie keine Erfolgsformel ist, die einen Sieg auf eigene Faust herbeiführen kann. Den Löwenanteil der Arbeit verrichten immer noch die Sportler und die Coaches. Dieser Beitrag ist ein Aufruf an Skeptiker und Anhänger der Sportpsychologie ihre Ansichten zu überdenken und anzupassen.

    Spätestens seit der monumentalen Arbeit von Daniel Kahneman „Schnelles Denken, Langsames Denken“ ist auch der breiten Öffentlichkeit nahegelegt worden, dass das menschliche Denken „biased“, also verzerrt und unvollständig ist und eine Anpassung sinnvoll sein kann. Interessierte seien an sein Buch verwiesen:

    „Die Assoziationsmaschine (der Teil unseres Denkens, der schnell und intuitiv agiert) ist so eingestellt, dass sie Zweifel unterdrückt und Ideen und Informationen, die mit der aktuell dominanten Geschichte vereinbar sind, ins Gedächtnis ruft. […] Es ist daher nicht überraschend, dass viele von uns allzu sehr von der Richtigkeit unbegründeter Intuitionen überzeugt sind. […] Das Vertrauen, das Menschen in ihre Intuitionen haben, ist kein verlässlicher Maßstab für deren Richtigkeit. Anders gesagt, trauen Sie niemandem – auch nicht sich selbst -, der Ihnen sagt, dass Sie seinem Urteil vertrauen sollen.“ [1] (S. 296).

    Im Lichte der Erkenntnisse, dass unser Denken auch verzerrt sein kann, möchte ich die Skeptiker dazu aufrufen, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass sie die Möglichkeiten der Sportpsychologie unterschätzen. Während ich von den Anhängern der Sportpsychologie erwarten würde, dass sie die Möglichkeit zulassen, dass sie den Beitrag der Sportpsychologie tendenziell überschätzen.

    Es steht außer Frage, dass gut ausgebildete und erfahrene Sportpsychologen einen wichtigen und bedeutenden Einfluss auf Leistung der betreuten Athleten haben [2] [3]. Versuchen wir diesen Einfluss weder zu unterschätzen noch zu überschätzen.

    Quellen

    [1] Kahneman, D. (2011). Thinking, fast and slow.

    [2] Weinberg, R. S., & Comar, W. (1994). The effectiveness of psychological interventions in competitive sport. Sports Medicine, 18(6), 406-418.

    [3] Weinberg, R. S., & Gould, D. (2014). Foundations of Sport and Exercise Psychology, 6E. Human Kinetics.

  • Entspannung – Universalwaffe der Sportpsychologie

    Entspannung – Universalwaffe der Sportpsychologie

    Entspannungsverfahren gehören zu den am häufigsten verwendeten Interventionen in der Sportpsychologie. Dass die Verfahren so häufig genutzt werden, hängt unter anderem mit der schnellen Erlernbarkeit zusammen. Bereits beim ersten Kontakt mit Meditation können sich Entspannungseffekte und Wohlbefinden einstellen.

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  • Steigerung von Motivation – Richtlinien für Trainer

    Steigerung von Motivation – Richtlinien für Trainer

    Dank für das Foto geht an Steven Erixon


    Als Sporttrainer möchte man den eigenen Athleten etwas beibringen und dafür sorgen, dass sie besser werden. Wenn aber Langeweile aufkommt, wird das Lernen problematisch. Manchmal reicht es aus zu sagen: „Komm schon, konzentriere dich jetzt“. Manchmal haben solche verbalen Motivationsversuche aber keinen spürbaren Effekt oder tragen zur Frustration bei. Es gibt viele Ansätze, um andere zu motivieren deshalb wird an dieser Stelle nur ein Ansatz vorgestellt. Es kommt von Epstein (1988, 1989) und liegt im Akronym TARGET verborgen: Task, Authority, Recognition, Grouping, Evaluation, Time Structures.

    Task – Aufgabe

    • Die Übungen sollten sich im Kontext und Ausführung unterscheiden, damit sie nicht langweilig werden. Es sollten also verschiedene Arten von Übungen verwendet werden, um dieselbe Fertigkeit zu trainieren.

    z.B. Übung im Basketball zur Verbesserung des Freiwurfs kann erstmal für einige Minuten ganz normal geübt werden. Dann mit einem geschlossenen Auge und am Ende des Trainings mit einem Liegestütz zwischen den Würfen.

    • Bei den Übungen sollten die Trainer den Fokus auf den Prozess legen und nicht auf das Ergebnis (soweit es möglich ist). Das gilt für Anfänger und für Profis.

    z.B. Bei der Übung des Aufschlags im Tennis, sollte auf das Timing, die Bewegungen, die Haltung geachtet und hingewiesen werden. Ob die Aufschläge erfolgreich sind oder nicht, sollte größtenteils vernachlässigt werden (wenn das Ziel darauf gelegt ist, eine motivierende Umgebung zu schaffen).

    • Den Übenden sollte es so schwer wie möglich gemacht werden, sich mit anderen zu vergleichen. Die Sportler sollten sich vor allem auf den eigenen Fortschritt konzentrieren, direkte Spielervergleiche seitens des Trainers würden diesem Prozess entgegenwirken und können demotivierend sein.

    z.B. Bei der Übung des Elfmeterschießens im Fußball sollte der Trainer individuelles Feedback geben, nach Möglichkeit ohne einen direkten Vergleich mit einem anderen Sportler: „Alex, beim Schießen schwingst du dein Bein noch nicht genug durch. Schwing es noch weiter durch, um einen stärkeren Schuss zu bekommen“.

    Authority – Autorität

    • Den Sportlern sollte die Möglichkeit gegeben werden, ihre eigenen Ideen einzubringen. Das Gefühl, dass die Meinungen und Vorschläge des Einzelnen geschätzt werden, sollte vermittelt werden.

    z.B. „Heute werden wir uns vor allem auf X fokussieren. Wollt ihr das am Anfang oder erst am Ende des Trainings machen?“

    „Die letzten Male haben wir viele Techniken ausprobiert, welche Techniken würdet ihr gerne noch weiter vertiefen?“

    Recognition – Anerkennung

    • Der Fortschritt des Einzelnen soll vom Trainer gewürdigt und belohnt werden – nach Möglichkeit unter vier Augen.

    z.B. „Petra, heute habe ich gesehen, dass du deinen Aufschlag kräftiger als sonst gemacht hast. Es hat sich auf jeden Fall verbessert, weiter so!“

    Grouping – Gruppenbildung

    • Kleine, gemischte Gruppen sind größeren Gruppen in der Regel vorzuziehen. Kooperation und Zusammenarbeit sollte belohnt und gefördert werden, Rivalitäten sollten möglichst gar nicht erst entstehen.

    Evaluation – Bewertung

    • In einem Gespräch unter vier Augen sollte der persönliche Fortschritt und die eigene Verbesserung bewertet werden. Die Bewertung sollte so individuell wie möglich sein und Vergleiche mit anderen außer Acht lassen. Der Unterschied zur Anerkennung ist hier die bewertende Komponente der gezeigten Leistung.

    Time structures – Zeitliche Vorgaben

    • Zur Steigerung der Motivation könnten die Teilnehmer mitentscheiden, wie ausführlich die Übungserklärungen sein und wie lang die Übungen gemacht werden sollen. Je stärker die Personen in die Organisation des Trainingsprozesses einbezogen werden, desto motivierter werden sie in der Regel sein.

    Quellen

    Cecchini, J. A., Fernandez-Rio, J., Mendez-Gimenez, A., Cecchini, C., & Martins, L. (2014). Epstein’s TARGET framework and motivational climate in sport: effects of a field-based, long-term intervention program. International Journal of Sports Science & Coaching, 9(6), 1325-1340.

    Epstein, J. L. (1988). Effective schools or effective students: Dealing with diversity.

    Epstein, J. (1989). Family structures and student motivation: A developmental perspective. Research on motivation in education, 3, 259-295.

  • Psychologe, Coach, Berater

    Psychologe, Coach, Berater

    Dank für das Foto geht an Marco Bianchetti


    Wie schlimm muss es dir gehen, damit du dich einem Psychologen anvertraust? Sehr schlimm, wenn man der Dissertation von Maniar (1998) glauben darf. Der Forscher untersuchte von wem Sportler eher bereit sind Hilfe anzunehmen – von Coaches, Ärzten, Freunden, Psychologen, Beratern oder Priestern. Die Wenigsten wird vielleicht überraschen, dass klinische Psychologen sich ganz hinten anstellen müssen, neben Beratern und Priestern. Wenn ein Athlet also ein sportspezifisches Problem hat oder seine Leistung verbessern möchte, dann geht er nicht zum Psychologen oder Berater, sondern zuerst zum Coach oder einem Freund. Macht Sinn oder? Man kennt sie gut, vertraut ihnen und muss sie auch nicht bezahlen. Etwas überraschender ist der Befund, dass ein Performance Enhancement Specialist (P.E.S. – Spezialist für Leistungssteigerung) eher aufgesucht werden würde, als ein Sportpsychologe. Maniar erklärt das damit, dass das Wort „Psychologe“ seit vielen Jahren einem Stigma unterliegt, zum Teil weil man schlichtweg nicht weiß, was ein Psychologe macht und ob er beißt. Den Befunden zufolge ist es von Vorteil den psychologischen Aspekt nicht zu stark in den Vordergrund zu rücken, weil einige Sportler besorgt sind, als gestört zu gelten. Das erklärt, warum im alltäglichen Sprachgebrauch viel häufiger von mentaler Stärke, als von psychologischer Resilienz die Rede ist und warum einige Psychologen sich eher Mentalcoaches nennen. Zusätzlich wurde in der Studie erfragt, welche Interventionen aus der Sportpsychologie am meisten benutzt werden. Zielsetzung und Visualisierung steht auf der Präferenzliste von Sportlern ganz oben, dicht gefolgt von Entspannungsübungen. Hypnose und medikamentöse Behandlungsmethoden erfreuen sich dagegen größerer Unbeliebtheit. Der Unterschied in der Beliebtheit könnte in der empfundenen Kontrollierbarkeit der Interventionen liegen – bei der Zielsetzung habe ich das Ruder in der Hand und bei der Hypnose bin ich dem Hypnotiseur ausgeliefert. Je mehr Kontrolle ich also über das Verfahren habe, desto wahrscheinlicher ist es, dass ich es auch anwenden würde. 

    Quellen

    Maniar, S. D. (1998). Athlete preferences for sport psychology interventions.

  • Gewinnen – Motivation zu siegen

    Gewinnen – Motivation zu siegen

    Dank für das Foto geht an Fauzan Saari

     


    Wenn ich mich auf meinen eigenen Fortschritt konzentriere, dann wird das in der Sportpsychologie als Aufgabenorientierung bezeichnet, im Original task-orientation (Tenenbaum & Eklund, 2007). Aufgabenorientierte Menschen vergleichen ihre Fähigkeiten vor allem mit persönlichen Maßstäben und fokussieren sich hauptsächlich auf den eigenen Fortschritt. Im Vordergrund steht das Lernen der Bewegung oder der Technik, dabei liegt der Fokus vor allem auf der eigenen Leistung. Zur Steigerung und Aufrechterhaltung von Motivation wird daher, als Daumenregel, eine aufgabenorientierte Einstellung empfohlen.

    Z.B. vor einem Monat habe ich für 5 km eine halbe Stunde gebraucht, heute war ich bereits nach 24 Minuten fertig! Das ist ein tolles Ergebnis!

    Langjährige Forschung zeigt, dass Aufgabenorientierung mit einer Vielzahl positiver Konsequenzen verbunden ist. Langfristiges Interesse an der Aufgabe, Ausdauer trotz Niederlagen und ein stabiles Gefühl eigener Kompetenz. Zufriedenheit, Freude am Sport, niedrige kognitive und körperliche Ängstlichkeit werden ebenfalls mit Aufgabenorientierung in Zusammenhang gesetzt. Man kann festhalten, dass die Aufgabenorientierung insgesamt mit positiven Konsequenzen einhergeht. Vor allem in den frühen Stadien (aber nicht nur) des Erlernens einer Sportart wird daher eine aufgabenorientierte Einstellung nahegelegt.

    In der Goal Achievement Theory steht die Aufgabenorientierung aber nicht alleine dar, das Gegenstück zur Aufgabenorientierung bildet die Wettbewerbsorientierung, ego-orientation (2). Wettbewerbsorientierten Sportlern geht es vor allem darum, besser zu sein als andere. Sie vergleichen sich in erster Linie mit ihren Konkurrenten oder Trainingspartnern und streben hauptsächlich nach Überlegenheit.

    Z.B. In diesem Turnier habe ich bereits zwei gute Spielerinnen geschlagen. Wie konnte ich gegen die junge und unerfahrene Spielerin verlieren? Das gibt´s doch nicht!!

    Im Gegensatz zur Aufgabenorientierung wird die Wettbewerbsorientierung mit einer Reihe negativer Konsequenzen in Verbindung gebracht. Wettbewerbsorientierte Sportler neigen dazu, ihre Fähigkeiten in Frage zu stellen wenn sie Niederlagen einstecken müssen und das sogar dann, wenn die Gegner deutlich stärker sind.  In solchen Fällen neigen die Wettbewerbsorientierten dazu, Training und Wettkämpfe zu meiden, weil sie Angst vor Niederlagen haben. Für solche Menschen können Niederlagen mit einem Gefühl der Blamage verbunden sein (bedeutend mehr als für andere), was sehr belastend sein kann. Unzufriedenheit, Desinteresse, sowie aggressives Verhalten werden ebenfalls mit Wettbewerbsorientierung in Verbindung gebracht. Ein starker Fokus auf den Vergleich mit anderen ist im sportlichen Kontext fast immer vorhanden (Platzierungen, Punkte, Medaillen) und ist in Maßen durchaus sinnvoll. Allerdings geht eine starke Wettbewerbsorientierung mit negativen Konsequenzen einher. Wenn du zwischen Aufgaben- und Wettbewerbsorientierung wählen müsstest, wofür würdest du dich entscheiden?

    Gut dass man sich nicht entscheiden muss, weil es keine reine Form der Aufgaben- oder Wettbewerbsorientierung gibt – jeder Mensch verfügt über eine Mischung beider Faktoren (Tenenbaum & Eklund, 2007, S. 22). D.h. man kann gleichzeitig eine hohe Ausprägung der Wettbewerbsorientierung und der Aufgabenorientierung aufweisen. Idealerweise sollten beide Orientierungen im Gleichgewicht existieren.

    Quellen

    (1) Tenenbaum, G., & Eklund, R. C. (Eds.). (2007). Handbook of Sport Psychology. John Wiley & Sons.

    (2) Nicholls, J. G. (1984). Achievement motivation: Conceptions of ability, subjective experience, task choice, and performance. Psychological review, 91(3), 328.

  • Placebo im Sport

    Placebo im Sport

    Dank für das Foto geht an pina messina


    Placebo ist Vielen als Scheinmedizin bekannt. Der Arzt verschreibt eine Tablette gegen Kopfschmerzen und diese verschwinden, obwohl die Tablette keine Heilmittel enthält (1). Dürfen Ärzte solche Tabletten verschreiben?

    Unwirksame Pillen

    Eigentlich nicht, aber in diesem Artikel (2) geben 88% der bayerischen Ärzte an, Placebos zu nutzen, also Zuckerpillen oder Vitaminpillen. Im selben Artikel wird spekuliert, dass mehr als 50% aller Ärzte Placebos nutzen. Wenn du also mit leichten Kopfschmerzen zum Arzt gehst, dann ist es möglich, dass du unwirksame Pillen bekommst. Die Ärzte dürfen solche Scheinmedikamente aber nur verschreiben, wenn du keine ernsthafte Erkrankung hast. Mehr Infos zum Placebo in der Medizin gibt’s unter diesem Link.

    Placebos im Sport

    Wie würde es bei einem Placebo im Sport aussehen? Würde eine Kraftpille meine Leistung steigern, auch wenn es keine Kraftpille wäre? Zum Beispiel beim Stemmen von Gewichten.

    Placebos beim Bankdrücken kamen in der Studie von Kalasountas, Reed und Fitzpatrick (2007) zum Einsatz. Zuerst wurde geschaut, wie viel Gewicht die Person im Standardtraining heben kann. Dann wurden zwei Gruppen gebildet. Der Placebogruppe wurde gesagt, dass sie eine leistungssteigernde Tablette bekommt, die aus angereicherten Aminosäuren besteht.

    Der Kontrollgruppe wurde mitgeteilt, dass sie eine Tablette aus Zucker und Milch bekommt. Beide Gruppen bekamen natürlich identische Tabletten, die aus Zucker waren und keine bedeutende Wirkung auf Leistung haben. Anschließend wurde wieder Gewicht gestemmt. Im Vergleich zu der Kontrollgruppe, verbesserte sich die Kraftleistung der Placebogruppe deutlich. Für die Statistikfreunde unter uns – der Effekt war auf einem Niveau von p < .01 signifikant.

    Zum Ende wurde den Personen noch mitgeteilt, dass sie getäuscht wurden und die Pillen doch keine leistungssteigernden Mittel enthalten. Beide Gruppen bekamen noch eine Tablette und durften noch ein letztes Mal Gewicht stemmen. Die Leistung der Placebogruppe verschlechterte sich daraufhin und sank auf das Normalniveau zurück. Daraus kann man vorsichtig schließen, dass die Steigerung der Leistung eng mit dem Glauben daran verbunden war, dass eine Pille die Kraftreserven steigern kann.

    Scheindoping bei Läufern

    Eine weitere Forschungsarbeit wurde mit Läufern durchgeführt (Wright et al., 2009). Trainierte Läufer wurden gebeten 5 Kilometer auf Zeit zu laufen. 30 Minuten vor dem Lauf bekam die Kontrollgruppe 300 ml normales Wasser und der Placebogruppe wurde 300 ml Super-Wasser verabreicht. Auf der Flasche stand entweder „Water“ oder „Super-oxygenated water“. Die Personen aus der Placebo-Gruppe liefen um 6,5% schneller als die Kontrollgruppe.

    Weniger Schmerz durch Scheinmedizin

    Ein letztes Beispiel aus der Wissenschaft soll die Macht von Placebos eindrucksvoll demonstrieren (Benedetti, Pollo und Colloca, 2007). Teilnehmer nahmen an einem Schmerztest teil, es wurde geschaut wie viel Schmerz sie aushalten können. Insgesamt gab es drei Schmerztests an drei aufeinanderfolgenden Wochen. Die ersten zwei Wochen wurde der Placebogruppe Morphin gegeben, damit sie den Schmerz länger ertragen kann. In der dritten Woche wurde ein Placebo statt Morphin verabreicht – der Person wurde allerdings versichert, dass es Morphin ist. Obwohl die Person kein Präparat erhielt, konnte sie den Schmerz ziemlich lang aushalten. Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass Placebos auch als Doping eingesetzt werden können (6).

    Wie man´s machen kann: Beim Training wird dem Sportler Doping verabreicht, er wird darauf konditioniert zu glauben, dass sich seine Leistung steigert wenn er eine Spritze oder Tablette bekommt. Unmittelbar vor dem Wettkampf bekommt er dagegen nur ein Placebo. Wenn der Sportler keine Zweifel hat, dass es Doping ist das er bekommt, dann wird sich seine Leistung wahrscheinlich steigern und das ganz legal.

    „Der Glaube steigert die Leistung“ – so kann man die Wirkung von Placebos grob zusammenfassen. Logischerweise ist der Effekt von Placebos kleiner wenn die Person vermutet, dass sie eine Pille bekommt, die nichts enthält. Natürlich ist der Placeboeffekt nicht bei allen Krankheiten, Störungen und Problemen gleichermaßen stark – mehr dazu hier (Geers et al., 2007). In der aktuellen Metaanalyse von Köteles et al. (2011) wird der Placeboeffekt im Sport im Mittel auf .40 geschätzt (95% Konfidenzintervall .24 – .56).

    Kurz gefasst:

    • Der Placeboeffekt existiert im Sport und hat eine geringe bis mittlere Stärke
    • Für das Auftreten des Effekts muss die Person an die Effektivität des Placeboobjektes glauben (Pille, Spritze, Pulver)
    • Leider können wir uns selbst kein Placebo verabreichen, weil wir wissen, dass es nur ein Placebo ist. Das könnten Trainer machen und da stellt sich die Frage, wann eine Täuschung der Athleten ethisch und sinnvoll ist

    Macht des Glaubens und Aberglaubens

    Der Glaube an ein Placebo und der Aberglaube haben einige Gemeinsamkeiten. An beides glaubt man – im Fall des Placebo ist es etwas Spürbares, Fassbares, Konkretes. Aberglaube dagegen ist rein spekulativ und hat eher mit Vorstellung und Einbildung zu tun. Wir werfen noch einen Blick auf die Handlungen von Profisportlern, die ihren Glauben ausdrücken.

    Der Quarterback der Buffalo Bills (American Football), Jim Kelly, zwang sich vor jedem Spiel zu kotzen. Der Pitcher der New York Nets (Baseball), Turk Wendell, putzte sich zwischen den Innings (Spielabschnitten) die Zähne (Vyse, 2013).

    Manche tragen ihre Glücksbringer mit sich, wie das häufig bei Soldaten ist. Im Krieg haben viele Soldaten eine Bibel über ihrem Herzen angenäht, in der Hoffnung, dass die Bibel sie vor Verletzungen und dem Tod schützt. Patronenhüllen mit dem eigenen Namen sollen beispielsweise Glück im Kampfgeschehen bringen (10).

    Der Eishockeyspieler Wayne Gretzky, Spitzname THE GREAT ONE, gilt als einer der besten Eishockeyspieler aller Zeiten und ist für seinen Aberglauben bekannt (11). So hat er nach dem Aufwärmen seine Getränke immer in dieser Reihenfolge getrunken: Diät Cola, Wasser, Gatorade, Diät Cola. Vor seinen Spielen hat er auch Babypuder auf seinen Schläger gestreut.

    Viele erfolgreiche Sportler sind abergläubisch, aber es gibt mindestens genauso viele Erfolgreiche die es nicht sind. Sie sind nicht so erfolgreich weil sie abergläubisch sind. Vielleicht sind sie eher abergläubisch, weil sie erfolgreich sind.

    Quellen

    (1) https://de.wikipedia.org/wiki/Placebo

    (2) http://www.t-online.de/lifestyle/gesundheit/id_44723260/arzneimittel-jeder-zweite-arzt-verordnet-placebos-.html

    (3) http://www.igm-bosch.de/content/language1/downloads/Placebo_LF_1_17012011.pdf

    (4) Kalasountas, V., Reed, J., & Fitzpatrick, J. (2007). The effect of placebo-induced changes in expectancies on maximal force production in college students. Journal of Applied Sport Psychology, 19(1), 116-124.

    (5) Wright, G., Porcari, J. P., Foster, C. C., Felker, H., Koshololek, A., Otto, J., … & Udermann, B. (2009). Placebo effects on exercise performance. Gundersen Lutheran Medical Journal, 6(1), 3-7.

    (6) Benedetti, F., Pollo, A., & Colloca, L. (2007). Opioid-mediated placebo responses boost pain endurance and physical performance: is it doping in sport competitions?. The Journal of Neuroscience, 27(44), 11934-11939 .

    (7) Geers, A. L., Kosbab, K., Helfer, S. G., Weiland, P. E., & Wellman, J. A. (2007). Further evidence for individual differences in placebo responding: an interactionist perspective. Journal of psychosomatic research, 62(5), 563-570.

    (8) Köteles, F., Bárdos, G., Bérdi, M., & Szabó, A. (2011). Placebo effects in sport and exercise: a meta-analysis. European Journal of Mental Health, (02), 196-212.

    (9) Vyse, S. A. (2013). Believing in Magic: The Psychology of Superstition-Updated Edition. Oxford University Press.

    (10) http://newworldwitchery.com/2014/05/26/blog-post-190-some-military-superstitions/

    (11) https://en.wikipedia.org/wiki/Wayne_Gretzky

  • E-Sport Psychologie – Der Add-on für Höchstleistung

    E-Sport Psychologie – Der Add-on für Höchstleistung

    Dank für das Foto geht an Florian Olivo

     


    Man erkennt wie neu der Bereich der E-Sport Psychologie ist, wenn man versucht es bei Wikipedia zu finden – die Suche scheitert, eine formale Definition gibt es bisher nicht. Was ist denn E-Sport Psychologie? Man kann es nicht sehen, anfassen oder riechen. Wenn von Psychologie die Rede ist, dann hat das für Viele einen Beigeschmack von Störungen, Depressionen oder Psychotherapeuten.

    Es ist richtig, dass man sich in der Psychologie unter anderem mit der Linderung von psychologischen Störungen beschäftigt, aber das ist noch nicht alles. Insbesondere im Bereich der Sportpsychologie geht es um Verbesserung der eigenen Fähigkeiten und um Leistungssteigerung. Also wie kann ich mich mithilfe psychologischer Erkenntnisse verbessern, meine Leistung steigern?

    Fragestellungen der E-Sport Psychologie

      • Welche Strategien und Techniken können mir helfen, um dem Wettkampfdruck effektiv standzuhalten?
      • Was kann ich für eine kontinuierliche Verbesserung meiner Skills tun?
      • Wie kann der Trainer dafür sorgen, dass die Konzentration der Spieler in kritischen Situationen messerscharf ist?

    Bisher gibt es kein Patentrezept für Höchstleistung, für jeden Spieler und jedes Team können die Lösungen sehr unterschiedlich aussehen. Um die Kreation solcher Lösungen bemühen sich die E-Sport Psychologen.

    Talent oder Erfahrung?

    Was glaubst du wie viel Talent du brauchst, um in der obersten Liga zu spielen oder dein Potenzial vollständig auszuschöpfen? Braucht man überhaupt Talent? Es ist eine der spannendsten Debatten die Spieler, Sportler und Psychologen seit Jahrzehnten führen. Ist der beste eSpieler deshalb der beste, weil er talentierter ist als die anderen? Oder weil er länger und zielorientierter gespielt hat? Was hat mehr Gewicht – Talent oder Erfahrung?

    Lange Zeit wurde angenommen, dass man zum Experten in seinem Bereich wird, wenn man über 10 000 Stunden Erfahrung hat. Die 10 000 Stunden Regel, die durch die Studie von Ericsson, Krampe und Tesch-Römer (1993) entstanden ist. Bei genauerem Hinschauen stellte sich heraus, dass die 10 000 Stunden Regel keine Regel ist, denn es gab Profis, die deutlich weniger Stunden brauchten, um zum Meisterstatus zu gelangen (ca. 3000 Stunden) und es gab welche, die deutlich mehr Stunden brauchten (ca. 23 000 Stunden).  Auch aus eigener Erfahrung werden viele Spieler erlebt haben, dass einige ihrer Freunde deutlich besser sind, auch wenn sie gleich viel trainieren.

    Qualität des Trainings entscheidend

    Im Laufe der Zeit dämmerte die Erkenntnis, dass die Trainingszeit die Unterschiede zwischen Profis und Nicht-Profis alleine nicht erklären kann. Schließlich trainieren Amateurspieler im Laufe des Lebens auch über 10 000 Stunden, ohne jemals vom Leistungssport träumen zu können. Es ist die Qualität des Trainings und der Vorbereitung die den entscheidenden Unterschied macht. E-Sport Psychologen unterstützen die eSportler bei der Suche nach dieser Qualität.

    Forschungen zeigen, dass erfolgreiche Sportler effektive Lernstrategien verwenden, sich mental auf das Training vorbereiten, eigene Routinen haben und sich auf die Unterstützung ihres Teams verlassen können (Gould et al., 1999). Natürlich müssen die Spieler ihr Handwerk beherrschen, das Kennen aller Charaktere und Techniken bei League of Legends, die Zielsicherheit und Reflexe bei CS:GO und das Spielverständnis sowie die Koordination der Finger bei FIFA. E-Sport Psychologie ist kein Ersatz für Training, es ist kein neuer Browser den man sich installiert – es ist eher ein Add-On, der das Leben und das Spielen verändern kann. Alles kann mit der Frage beginnen: Was kann ich tun, um mein Potenzial in der begrenzten Zeit zu entwickeln?

    Quellen

    Ericsson, K. A., Krampe, R. T., & Tesch-Römer, C. (1993). The role of deliberate practice in the acquisition of expert performance. Psychological review, 100(3), 363.

    Gould, D., Guinan, D., Greenleaf, C., Medbery, R., & Peterson, K. (1999). Factors affecting Olympic performance: Perceptions of athletes and coaches from more and less successful teams. The sport psychologist, 13(4), 371-394.

  • Leistungsdruck im Wettkampf

    Leistungsdruck im Wettkampf

    Dank für das Foto geht an Jonathan Borba


    Die Ansprüche an Psyche und Körper von Athleten sind außerordentlich hoch. Da wären die Erwartungen des eigenen Teams, die Hoffnungen der Freunde und Familie, sowie der Anspruch an sich selbst. Wie gehen die Besten mit diesem Druck um?

    Umgang mit Leistungsdruck

    Der Weltfußballer Lionel Messi entbindet seinen Stress offen. Er kotzt. Messi und seine Ärzte sehen darin kein Problem – es liegt an seinem Magen und am Stress, kein Grund zur Sorge (1).

    Der Golf Profi Tiger Woods verarbeitet seinen Stress anders. Nach seinem dramatischen Sieg im US Open 2015 sagte er (2):

    Ich war unter Druck und ich war nervös und es war etwas Gutes. […] Du kannst versuchen diese Energie so gut wie möglich zu nutzen und damit deine Fokussierung zu steigern […] Diese Woche hat es für mich super funktioniert.

    Nicht nur der Stress während eines Spiels kann belastend sein. Auch nach einem wichtigen Spiel ist es manchmal schwierig abzuschalten. Kobe Bryant, der Shooting Guard der Los Angeles Lakers versuchte sich vom Stress einer vernichtenden Niederlage gegen die Chicago Bulls (2013) mit Klavierspielen und Fitness abzulenken (3).

    Die Profi-Beachvolleyballspielerin Kira Walkenhorst gestand in einem Interview, dass sie bei Endspielen immer noch nervös ist (4).

    Jeder empfindet Stress auf eine einzigartige Art und Weise. Persönlichkeit und andere psychologische Faktoren sind die Ursachen für diese Unterschiede. Deshalb gibt es kein Patentrezept das jedem gleich gut hilft.

    Es gilt bei jedem Sportler einzeln abzuwägen, welche Maßnahmen eingesetzt werden können. Die Sportpsychologie bietet unterschiedliche Methoden, die helfen können, mit Stress und Angst konstruktiv umzugehen.

    Mit Stress erfoglreich umgehen

    In ihrem Buch „Inside Sport Psychology“ empfehlen Karageorghis und Terry (2011) die Symptome der Ängstlichkeit und der Besorgnis zu akzeptieren. Freunde dich mit dem Gedanken an, dass sie zu einem erfolgreichen Wettkampf dazu gehören. Wahrscheinlich wirst du bereits aus eigener Erfahrung wissen, dass Ängstlichkeit in stressreichen Situationen mit der Zeit verblasst, aber nie ganz verschwindet, auch Habituation genannt.

    Warum verschwindet die Angst nicht für immer?

    Im Laufe der Menschheitsgeschichte kam es zu einer Selektion der Besorgten. Im Laufe der Evolution wurden die Menschen, die ihre Ängstlichkeit verloren hatten, von Raubtieren gefressen. Andere, die ihre Sorgen bewahrt haben, haben überlebt. So haben wir die Gene der Ängstlichen geerbt.

    Deine Angst kannst du also deutlich reduzieren, sie wird aber nie ganz verschwinden, also – Deal with it. Brewer (2009) beschreibt zwei generelle Ansätze zum Umgang mit Stress in Wettkampfsituationen. Reduzierung und Restrukturierung. Zu beiden Ansätzen gibt es eine Menge zu sagen, hier schneide ich die Themen nur kurz an.

    Ansatz der Reduzierung

    Du kennst wahrscheinlich mindestens 3 Möglichkeiten zur Stressreduzierung: Meditation, Yoga, Autogenes Training. Das sind wohl die gängigsten Methoden, um sich zu entspannen. Dabei geht es primär um die Reduzierung körperlicher Anspannung.

    Ansatz der Restrukturierung

    Während die Reduzierungsansätze auf eine körperliche Entspannung abzielen, fokussiert sich der Restrukturierungansatz auf eine kognitive, gedankliche Transformation. Dabei können die nervösen Symptome in einer positiven Art und Weise umgedeutet werden. Dabei kann man sich selbst gut zureden (mehr zu self-talk) und sich Situationen visualisieren, die einem Selbstsicherheit und Motivation geben.

    Ein Beispiel für eine tiefgreifende Restrukturierung bietet das Buch „Stressmanagement for life“. Der Profi-Radrennfahrer Lance Armstrong bekam 1996 eine schockierende Diagnose – Hodenkrebs. Zwei Jahre später gesundete er über diese Phase seines Lebens:

    Das interessanteste an Krebs ist die Tatsache, dass es eine der positivsten, lebensbejahenden und unglaublichen Erfahrungen sein kann […] Derjenige fängt an sich wirklich auf sein Leben zu fokussieren, auf das, was ihm wichtig ist.

    Was könnte schrecklicher sein, als eine Krebsdiagnose zu bekommen? Und doch hat Lance Armstrong versucht das Beste daraus zu machen, er transformierte das Schreckliche zu einer einzigartigen Gelegenheit in seinem Leben. Eindrucksvoll demonstriert das Beispiel den Restrukturierungsansatz in einer äußerst kritischen Situation.

    Nützliche Schutzfunktion

    Stress und Ängstlichkeit gehören zum Sport. Betrachte deine körperlichen oder gedanklichen Symptome als eine Schutzfunktion deines Körpers. Finde heraus, welcher Ansatz deiner Meinung nach für dich sinnvoll ist. Wenn du vor dem Wettkampf körperlich zitterst, dann erlerne eine Technik des Reduzierungsansatzes. Wenn dir dagegen Unsicherheit und Ängstlichkeit zu schaffen machen, probiere den Restrukturierungsansatz aus. Wenn du herausfinden möchtest, was zu deiner Situation am besten passt, schreibe mir eine E-Mail:

    a.samsonov@thepsychologist.de

    Quellen

    (1) http://www.thehealthsite.com/news/lionel-messi-vomiting-football-world-cup-2014/

    (2) http://www.peaksports.com/sports_psychology_blog/?p=42

    (3) http://www.thepostgame.com/blog/mvt-most-valuable-tweeters/201301/kobe-relieves-stress-weight-room-piano

    (4) http://volleyball.de/nc/news/details/datum/2013/08/31/beach-dm-meistertitel-fuer-laura-ludwig-und-kira-walkenhorst/

    (5) Karageorghis, C., & Terry, P. (2011). Inside sport psychology. Human Kinetics.

    (6) https://de.wikipedia.org/wiki/Habituation

    (7) Brewer, B. W. Sport psychology. Wiley-Blackwell.

    (8) Olpin, M., & Hesson, M. (2015). Stress management for life: A research-based experiential approach. Cengage Learning.