Leistungsdruck im Wettkampf

Die Ansprüche an Psyche und Körper von Sportlern sind außerordentlich hoch. Wie gehen die Besten mit diesem Druck um?

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Dank für das Foto geht an Jonathan Borba


Die Ansprüche an Psyche und Körper von Athleten sind außerordentlich hoch. Da wären die Erwartungen des eigenen Teams, die Hoffnungen der Freunde und Familie, sowie der Anspruch an sich selbst. Wie gehen die Besten mit diesem Druck um?

Umgang mit Leistungsdruck

Der Weltfußballer Lionel Messi entbindet seinen Stress offen. Er kotzt. Messi und seine Ärzte sehen darin kein Problem – es liegt an seinem Magen und am Stress, kein Grund zur Sorge (1).

Der Golf Profi Tiger Woods verarbeitet seinen Stress anders. Nach seinem dramatischen Sieg im US Open 2015 sagte er (2):

Ich war unter Druck und ich war nervös und es war etwas Gutes. […] Du kannst versuchen diese Energie so gut wie möglich zu nutzen und damit deine Fokussierung zu steigern […] Diese Woche hat es für mich super funktioniert.

Nicht nur der Stress während eines Spiels kann belastend sein. Auch nach einem wichtigen Spiel ist es manchmal schwierig abzuschalten. Kobe Bryant, der Shooting Guard der Los Angeles Lakers versuchte sich vom Stress einer vernichtenden Niederlage gegen die Chicago Bulls (2013) mit Klavierspielen und Fitness abzulenken (3).

Die Profi-Beachvolleyballspielerin Kira Walkenhorst gestand in einem Interview, dass sie bei Endspielen immer noch nervös ist (4).

Jeder empfindet Stress auf eine einzigartige Art und Weise. Persönlichkeit und andere psychologische Faktoren sind die Ursachen für diese Unterschiede. Deshalb gibt es kein Patentrezept das jedem gleich gut hilft.

Es gilt bei jedem Sportler einzeln abzuwägen, welche Maßnahmen eingesetzt werden können. Die Sportpsychologie bietet unterschiedliche Methoden, die helfen können, mit Stress und Angst konstruktiv umzugehen.

Mit Stress erfoglreich umgehen

In ihrem Buch „Inside Sport Psychology“ empfehlen Karageorghis und Terry (2011) die Symptome der Ängstlichkeit und der Besorgnis zu akzeptieren. Freunde dich mit dem Gedanken an, dass sie zu einem erfolgreichen Wettkampf dazu gehören. Wahrscheinlich wirst du bereits aus eigener Erfahrung wissen, dass Ängstlichkeit in stressreichen Situationen mit der Zeit verblasst, aber nie ganz verschwindet, auch Habituation genannt.

Warum verschwindet die Angst nicht für immer?

Im Laufe der Menschheitsgeschichte kam es zu einer Selektion der Besorgten. Im Laufe der Evolution wurden die Menschen, die ihre Ängstlichkeit verloren hatten, von Raubtieren gefressen. Andere, die ihre Sorgen bewahrt haben, haben überlebt. So haben wir die Gene der Ängstlichen geerbt.

Deine Angst kannst du also deutlich reduzieren, sie wird aber nie ganz verschwinden, also – Deal with it. Brewer (2009) beschreibt zwei generelle Ansätze zum Umgang mit Stress in Wettkampfsituationen. Reduzierung und Restrukturierung. Zu beiden Ansätzen gibt es eine Menge zu sagen, hier schneide ich die Themen nur kurz an.

Ansatz der Reduzierung

Du kennst wahrscheinlich mindestens 3 Möglichkeiten zur Stressreduzierung: Meditation, Yoga, Autogenes Training. Das sind wohl die gängigsten Methoden, um sich zu entspannen. Dabei geht es primär um die Reduzierung körperlicher Anspannung.

Ansatz der Restrukturierung

Während die Reduzierungsansätze auf eine körperliche Entspannung abzielen, fokussiert sich der Restrukturierungansatz auf eine kognitive, gedankliche Transformation. Dabei können die nervösen Symptome in einer positiven Art und Weise umgedeutet werden. Dabei kann man sich selbst gut zureden (mehr zu self-talk) und sich Situationen visualisieren, die einem Selbstsicherheit und Motivation geben.

Ein Beispiel für eine tiefgreifende Restrukturierung bietet das Buch „Stressmanagement for life“. Der Profi-Radrennfahrer Lance Armstrong bekam 1996 eine schockierende Diagnose – Hodenkrebs. Zwei Jahre später gesundete er über diese Phase seines Lebens:

Das interessanteste an Krebs ist die Tatsache, dass es eine der positivsten, lebensbejahenden und unglaublichen Erfahrungen sein kann […] Derjenige fängt an sich wirklich auf sein Leben zu fokussieren, auf das, was ihm wichtig ist.

Was könnte schrecklicher sein, als eine Krebsdiagnose zu bekommen? Und doch hat Lance Armstrong versucht das Beste daraus zu machen, er transformierte das Schreckliche zu einer einzigartigen Gelegenheit in seinem Leben. Eindrucksvoll demonstriert das Beispiel den Restrukturierungsansatz in einer äußerst kritischen Situation.

Nützliche Schutzfunktion

Stress und Ängstlichkeit gehören zum Sport. Betrachte deine körperlichen oder gedanklichen Symptome als eine Schutzfunktion deines Körpers. Finde heraus, welcher Ansatz deiner Meinung nach für dich sinnvoll ist. Wenn du vor dem Wettkampf körperlich zitterst, dann erlerne eine Technik des Reduzierungsansatzes. Wenn dir dagegen Unsicherheit und Ängstlichkeit zu schaffen machen, probiere den Restrukturierungsansatz aus. Wenn du herausfinden möchtest, was zu deiner Situation am besten passt, schreibe mir eine E-Mail:

a.samsonov@thepsychologist.de

Quellen

(1) http://www.thehealthsite.com/news/lionel-messi-vomiting-football-world-cup-2014/

(2) http://www.peaksports.com/sports_psychology_blog/?p=42

(3) http://www.thepostgame.com/blog/mvt-most-valuable-tweeters/201301/kobe-relieves-stress-weight-room-piano

(4) http://volleyball.de/nc/news/details/datum/2013/08/31/beach-dm-meistertitel-fuer-laura-ludwig-und-kira-walkenhorst/

(5) Karageorghis, C., & Terry, P. (2011). Inside sport psychology. Human Kinetics.

(6) https://de.wikipedia.org/wiki/Habituation

(7) Brewer, B. W. Sport psychology. Wiley-Blackwell.

(8) Olpin, M., & Hesson, M. (2015). Stress management for life: A research-based experiential approach. Cengage Learning.