Kategorie: Psychologie

Unterschiedliche Artikel zu psychologischen Themen aus allen Bereichen.

  • Kommunikation – Die stille Kunst

    Kommunikation – Die stille Kunst

     Marc Rafanell López

    Regelmäßig führen wir Gespräche mit Trainern und Spielpartnern, tauschen uns mit anderen aus und stehen in einem mentalen Dialog mit uns selbst. Die genannten Beispiele lassen sich unter dem Punkt Kommunikation zusammenfassen – die Kommunikation mit anderen und mit uns selbst. Im Sport wird diesem Thema eher selten eine Hauptrolle eingeräumt, weder beim Training, noch bei den Wettkampfvorbereitungen.

    Kommunikation bedeutet nicht „Sprechen“

    Viel wäre damit erreicht, wenn wir uns dem Thema öffnen. Zunächst ein paar Gründe, warum es sich lohnt, darüber nachzudenken:

    • Kommunikation im Team hat eine Auswirkung auf die Emotionen der Personen (Tenenbaum & Eklund, 2007, S.46).
    • Kommunikation wirkt sich positiv auf das empfundene Gemeinschaftsgefühl (Teamkohäsion) und Leistung des Teams aus (Tenenbaum & Eklund, 2007, S. 118).
    • Inspirierende und motivierende Kommunikation des Kapitäns oder Trainers gehört zu einflussreichen Faktoren, die das Verhalten der Teammitglieder langfristig beeinflussen (Tenenbaum & Eklund, 2007, S.127)

    Foto von Xuan Nguyen auf Unsplash

    Kommunikation wirkt sich auf unsere Gefühle, Gedanken und unser Verhalten aus. Kurzfristig und langfristig. Der Einfluss der sprachlichen, aber auch der körpersprachlichen Kommunikation ist daher ein wichtiger Anknüpfungspunkt, um die Leistung des eigenen Teams zu verändern. Doch die Selbstverständlichkeit, mit der wir im Sport kommunizieren, macht uns blind für ihre Wichtigkeit.

    In diesem Beitrag möchte ich die Aufmerksamkeit auf einen speziellen Ausschnitt der Kommunikation richten – auf den Prozess des Zuhörens und Wahrnehmens. Wenn wir über Kommunikation sprechen, dann denken wir zuerst an die aktive Rolle des Sprechens, doch mindestens genauso wichtig ist die Rolle des Zuhörens.

    Im Teamsport

    In welchen Momenten ist die Kommunikation zwischen dir und den anderen Teammitgliedern von großer Bedeutung? In welchen Situationen bist du auf die Informationen der anderen angewiesen, um deinen „Job“ besonders gut zu machen? Agierst du und die anderen Spieler als ein Ganzes?

    Natürlich gibt es immer wieder Kommunikationsschwierigkeiten und Missverständnisse. Allerdings kann die gezielte Übung der eigenen Wahrnehmung die Fähigkeit verbessern, die Rufe oder Zeichen der eigenen Mitspieler zu sehen und entsprechend zu agieren. Die Aufnahme von solchen Zeichen kann spielentscheidend sein.

    Im Einzelsport

    In welchen Momenten kann die Kommunikation mit sich selbst von Vorteil sein? Wann solltest du dich selbst befragen? Z.B. „Soll ich den Time-Out jetzt nehmen oder noch etwas warten?“ In welchen Momenten ist diese Aufmerksamkeit nicht notwendig und vielleicht sogar schädlich? Es zeigt sich, dass das Starten eines inneren Dialogs in Drucksituationen nicht förderlich ist.

    Dadurch können die aufgebauten Automatismen gestört werden und die eigene Leistung negativ beeinflussen. Zum inneren Zuhören gehört auch das Nachdenken und Grübeln über die eigenen Fehler – sei dir dessen bewusst, dass es in vielen Situationen kontraproduktiv ist, mit dem Nachdenken anzufangen, während du im Spiel bist.

    Das Zuhören als Übung begreifen

    Wie gut kannst du deinem Trainer, deinen Teamkollegen und dir selbst zuhören? Mach es dir zur Aufgabe, aufmerksam zu sein und deinen Gesprächspartnern konzentriert zuzuhören. Wann bist du auf die Informationen der anderen angewiesen, um Punkte zu erzielen oder zu verhindern? Führe dir vor Augen, in welchen Situationen das Zuhören besonders wichtig ist und bereite dich auf diese Situationen mental vor.

    „The true professional in every field performs from a base of solid faith in his potential to act successfully.

    He doesn’t listen to self-doubt.“

    Matthew Syed – Bounce

    Quellen

    Syed, M. (2010). Bounce. New York, NY: HarperCollins.

    Tenenbaum, G. & Eklund, R. C. (2007). Handbook of sport psychology.

  • Erfolgreiche Führung von Teams

    Erfolgreiche Führung von Teams

     Jehyun Sung

    Sehen wir uns eine Empfehlung aus der Wissenschaft an, die wir in der Praxis anwenden können. Bass und Avolio schlugen vier Faktoren vor, an denen sich Führungskräfte orientieren können, um effektiver zu führen (1990).

    Transformationale Faktoren

    Die folgenden Faktoren sind der transformationalen Führung zuzuordnen. Aus diesem Begriff können wir schon herauslesen, dass es um eine Transformation, also um eine Veränderung geht. In erster Linie ist damit die Veränderung der Geführten gemeint, die durch den Einfluss ihrer Führungskraft eine Transformation durchleben.

    In zahlreichen Studien wurde gezeigt, dass eine transformationale Führung mit einer erhöhten Effektivität der Leader einhergeht. Wie wird die Effektivität denn gemessen und was bedeutet transformationale Führung? Unterschiedliche Wissenschaftler messen die Effektivität einer Führungskraft auf unterschiedliche Art und Weise. Als Beispiel nehmen wir die Studie von Yammarino und Bass (1990), in der die Effektivität der US-Navy Offiziere untersucht wurde.

    Gemessen wurden folgende Faktoren: wie viel Anstrengung die Untergebenen geleistet haben, wie zufrieden sie mit ihrem Vorgesetzten waren und wie effektiv sie seine Führung fanden. Die Forscher konnten bedeutende Zusammenhänge zwischen transformationaler Führung und der Effektivität des Leaders feststellen. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die anschließend aufgeführten Faktoren bedeutend zur Effektivität eines Leaders beitragen können.

    Idealized influence – Vorbildfunktion

    Leader, die einen idealisierten Einfluss ausüben, könnten auch als charismatisch bezeichnet werden. Meistens sind sie Vorbilder, denen man nacheifern möchte. Mit großer Leidenschaft verfolgen sie Ziele, haben eine Vision an die sie glauben und für die sie ihre Anhänger begeistern können. Solche Leader sind in der Lage, ihr Team für schwierige Aufgaben zu mobilisieren.

    Inspirational motivation | Inspirierende Motivation

    Mit persönlichen Ansprachen und motivierenden Worten sind die Führungskräfte in der Lage, die Kräfte ihres Teams zu mobilisieren und zu steigern. Sie nutzen verschiedene Mittel, um die Flammen von Enthusiasmus und Optimismus zu entfachen und die vorhandene Energie in Schwung zu bringen. Durch Visionen und Metaphern machen sie die Ziele für die Gruppe greifbar.

    Intellectual stimulation | Intellektuelle Anregung

    Transformationale Leader regen die intellektuelle Entwicklung ihrer Anhänger durch Gespräche und andere Mittel an, die ihnen zur Verfügung stehen. Sie werden ermuntert, neue Herausforderungen anzugehen und komplexe Probleme mit eigenen Fähigkeiten zu lösen. Durch den kontinuierlichen Austausch mit dem Leader, verbessern die Geführten ihre eigene Fähigkeit, Probleme zu lösen und neue Perspektiven einzunehmen.

    Individualized consideration | Individuelle Unterstützung

    Dieser Faktor beschreibt den Fokus der Führungskraft, die Bedürfnisse und Fähigkeiten ihres Teams genau zu kennen. Aufmerksam wird nicht nur der Ist-Zustand wahrgenommen, sondern auch Veränderungen registriert. Als Unterstützer und Förderer stehen solche Leader an der Seite ihrer Untergebenen und begleiten aktiv ihre Entwicklung.

    Quellen

    Bass, B. M., & Avolio, B. J. (1990). Developing transformational leadership: 1992 and beyond. Journal of European industrial training, 14(5).

    Yammarino, F. J., & Bass, B. M. (1990). Transformational leadership and multiple levels of analysis. Human relations, 43(10), 975-995.

  • Teamerfolg – Wir halten zusammen

    Teamerfolg – Wir halten zusammen

     Jeffrey Lin

    …Sei teamfähig! Sei kommunikationsfreudig! Sei kooperativ! Es sind Aufrufe, die man in dieser direkten Form selten zu hören bekommt. Die Trainer gehen in der Regel subtiler vor und versuchen die Teammitglieder mit Spielen, Übungen oder inspirierenden Ansprachen auf den richtigen Weg zu bringen.

    Weniger effektiv sind dagegen Vorgehen, in denen dem Team nicht bewusst ist, was der Trainer von ihnen eigentlich will. Die wenigsten von uns glauben Gedanken lesen zu können, deshalb sollten Erwartungen klar ausgesprochen und je nach Bedarf schriftlich festgehalten werden.

    Transparenz siegt

    Zu einem gut funktionierenden Team zählen mehrere Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen, so z.B. die Fertigkeiten und Persönlichkeiten der Personen, Führungsqualität im Team und Teamkohäsion (auch als Gruppenkohäsion bekannt). Sehen wir uns die Teamkohäsion genauer an. In wissenschaftlichen Studien wurde nämlich festgestellt, dass Kohäsion zum Teamerfolg beiträgt (mehr dazu bei Carron, Colman, Wheeler und Stevens, 2002). Wir beleuchten kurz, was Teamkohäsion ist und wie man es fördern kann.


    Photo by Jeffrey Lin on Unsplash

    Carron und Eys (2012) sehen die Teamkohäsion als einen dynamischen Prozess, der sich in der Tendenz der Gruppe widerspiegelt, zusammenzuhalten, und zusammen zu bleiben, bis die Teamziele zur Zufriedenheit der Teammitglieder erreicht worden sind (zitiert nach Weinberg & Gould, 2014, S.176).

    Das klingt vielleicht etwas umständlich – versuchen wir’s etwas einfacher zu machen: Kohäsion ist der Zusammenhalt eines Teams, auch in schwierigen Zeiten, der dabei hilft, Ziele der Gruppe zu erreichen.

    Zusammenhalt und gemeinsame Ziele

    Eine hohe Kohäsion gleicht einem starken Klebstoff, der die Gruppe fest zusammenhält, ihr Stabilität verleiht und das Gefühl der Sicherheit vermittelt. Von den Teammitgliedern kann das als ein intensives Gemeinschaftsgefühl erlebt werden.

    Es gibt wissenschaftliche Belege dafür, dass höhere Kohäsion zur besseren Leistung beiträgt (Carron, Colman, Wheeler & Stevens, 2002). Ohne ins Detail zu gehen, warum das so ist, sehen wir uns an, wie die Kohäsion eines Teams gesteigert werden kann (Weinberg & Gould, 2014).

    Lasst uns hier an leicht umsetzbare Möglichkeiten denken, die im vollen Terminkalender der Spielerinnen, Spieler und Trainer untergebracht werden können. Bei geschickter Anwendung erfordern die unten aufgeführten Vorschläge nicht unbedingt mehr Zeit, um die Qualität des Trainings und des Zusammenseins zu beeinflussen. Teamkohäsion wird gefördert durch:

    Physischen Nähe und Kontakt

    …die körperliche Nähe und den wiederholten physischen Kontakt der Athleten. Übungen und Spiele, die einen wiederholten körperlichen Kontakt der Teammitglieder erleichtern, sorgen für die kohäsive, emotionale und kognitive Stärkung des Teams.


    Eindeutige Teamziele

    …die Suche und Festlegung von Teamzielen. Wurden die Ziele für die Saison gemeinsam herausgearbeitet? Die Teilnahme jedes einzelnen Mitglieds ist dabei von entscheidender Bedeutung. Besonders herausfordernd kann dabei die Integration eines individuellen Ziels sein, das im Konflikt mit Teamzielen steht.

    Klare Rollen im Team

    …das Verständnis der eigenen Rolle innerhalb des Teams. Kennt jeder seine Rolle? Weiß jeder, welchen Beitrag er zum Teamziel leistet? Das klare Verständnis des eigenen Beitrags fördert die Zusammengehörigkeit und die Entschlossenheit, das Teamziel verfolgen zu wollen und sich dafür einzusetzen.


    Regelmäßige Diskussionen

    …ehrliche, offene Gespräche und Diskussionen. Das Gefühl, im eigenen Team offen und sorgenfrei kommunizieren zu können, unterstützt den Kohäsionsprozess, stärkt das Vertrauen in die Gruppe und in die eigenen Teammitglieder.


    Quellen

    Carron, A. V., Colman, M. M., Wheeler, J., & Stevens, D. (2002). Cohesion and performance in sport: A meta analysis. Journal of Sport and Exercise Psychology, 24(2), 168-188.

    Weinberg, R. S., & Gould, D. (2014). Foundations of Sport and Exercise Psychology, 6E. Human Kinetics.

  • Musikalischer Einfluss

    Musikalischer Einfluss

      Malte Wingen

    Im Einklang stampfen die Füße auf den Boden und vereinen sich mit dem Takt der Musik in den Kopfhörern. Automatisch bewegen sich auch die Finger und klopfen zum Takt. Es ist fast so, als könnten die Klänge ungefiltert in unser Inneres gelangen und dort emotionale, gedankliche und körperliche Reaktionen auslösen.

    Dabei können wir nicht leugnen, dass manche Lieder uns sehr stark berühren, ohne dass wir wissen, warum das so ist. Führen wir uns vor Augen, dass Musik uns vielseitig beeinflusst und fragen uns nach den Konsequenzen und Möglichkeiten, die daraus resultieren.

    Völlige Hingabe

    Wir können mitsingen, den Inhalt rational aufnehmen, interpretieren und mit erlebten Lebenssituationen vergleichen. Es ist ein größtenteils bewusster Prozess, der sich vom passiven Zuhören stark unterscheiden kann. Die meisten von uns kennen auch die Momente der vollständigen Hingabe an die Musik ohne rationale Analyse und den damit verbundenen Zustand der Extase oder des Flow-Erlebens.

    In solchen Momenten schwingt das Herz mit der Melodie ohne Ablenkung und ohne Mühe. Der Moment wird ausgekostet und man existiert im Jetzt-Zustand. In der Forschung wird der Effekt von Musik im Sportkontext eher wenig untersucht, doch es gibt eine wissenschaftliche Arbeit, die häufig zitiert wird (Terry & Karageorghis, 2011). Die Forscher konnten einige positive Effekte von Musik auf sportliche Leistung dokumentieren:

    Musik verändert deine Stimmung

    Unsere Stimmung kann sich von einer Stunde auf die andere ändern. Doch wir müssen uns der Ebbe und Flut unserer Stimmungen nicht vollständig beugen und können sie durch unsere Musikwahl verändern. Welche Musik hörst du, um dich aus einem unmotivierten Zustand zu befreien (z.B. Eye of the Tiger)?

    Songwahl beeinflusst das Erregungsniveau

    Je nachdem welche Musik du hörst, rufst du unterschiedliche Emotionen und Zustände in deinem Inneren hervor. Bediene dich der schnellen Lieder mit mehr als 120 bpm (120 Schläge pro Minute), die meist auch anregend und motivierend sind, um dich zu pushen (z.B. Robert Tepper – No easy way out – 126 bpm).

    Reduktion der Erschöpfungsgefühle

    Das Hören deiner Lieblingslieder kann die Empfindlichkeit gegenüber Schmerz und Erschöpfung senken. Der objektive Schmerz in deinen Gliedern ist dann zwar immer noch vorhanden, wird aber nicht mehr so stark beachtet, weil die Aufmerksamkeit umgelenkt wird (z.B. I am machine – Three Days Grace).

    Steigerung der Energie und Arbeitsleistung

    Bisherige Forschungsarbeiten konnten zeigen, dass das Hören motiverender Lieder die Arbeitsleistung der Sportler bedeutend erhöht. Die Leute legen sich mehr ins Zeug und gehen an ihre Grenzen, wenn sie Musik hören, die sie inspiriert.

    Diese Effekte sind nicht bei jedem Sportler gleich und werden durch diverse individuelle Faktoren beeinflusst, unter anderem durch die die Musikalität und die Persönlichkeit. Fest steht aber, dass viele Sportler die Musik nutzen, um sich an die eigenen Grenzen zu bringen, sich zu motivieren oder um sich abzulenken. Je nach Sportart, Leistungsstand und Persönlichkeit werden die Motive und Gründe für die Nutzung der Musik unterschiedlich sein.

    Quellen

    Terry, P. C., & Karageorghis, C. I. (2011). Music in sport and exercise.

    http://www.cbc.ca/news/canada/british-columbia/pump-up-jams-psychology-1.4550296

  • Erfolg im Sport und Leben

    Erfolg im Sport und Leben


    Konzentration trainieren

    Du hast deine selektive Aufmerksamkeit getestet, also die Fähigkeit bestimmte Stimuli zu ignorieren, um mit anderen Stimuli effektiv umzugehen. Bedenke, dass Lernfortschritte vor allem aus Situationen resultieren, wo du über deine persönlichen Grenzen hinausgehst und Dinge trainierst, die dich fordern und leicht überfordern.


    Routinen und Gewohnheiten im Sport

    Es ist üblich, dass sich Bewegungen einschleifen, nicht weil sie sinnvoll oder erfolgsversprechend sind, sondern weil sie einfach oft genug wiederholt werden, ohne dass sie vom Trainer oder von dir korrigiert werden. Verbessere deine Leistung, indem du ungeeignete Routinen modifizierst und neue Routinen bewusst erstellst oder ersetzt.


    Kunst der Zielsetzung

    Die Zielsetzung alleine bringt keine Veränderung mit sich, aber damit bringen wir den Stein ins Rollen. Das schrifliche Konkretisieren deiner Ziele erleichtert dir das Messen des Fortschritts und gibt dir die Möglichkeit, sich bei Erfolgen zu belohnen. Sei ehrlich zu dir selbst und gestehe dir ein, wenn dir etwas nicht wichtig ist.

    Wir sind das, was wir wiederholt tun. Vorzüglichkeit ist daher keine Handlung, sondern eine Gewohnheit.

    Aristoteles

    Jede Technik ist nur so gut, wie die Regelmäßigkeit, mit der du sie ausführst. Deine Gewohnheiten definieren wer du bist und was du tust. Sehr treffend finde ich deshalb das Zitat von Aristoteles. Ist dir aufgefallen, dass hier nicht die Rede von Wissen oder Denken ist. Wir reden über das Machen.

    Jeder Sportler, egal ob Anfänger oder Profi, weiß, dass das Aufwärmen vor dem Spiel oder Training von großer Bedeutung ist. Und doch, wie viele wärmen sich tatsächlich so auf, wie sie sollten? Wir wissen, dass übermäßig viel Zucker oder Salz schlecht für uns ist und doch unterliegt das Wissen unseren Gewohnheiten. Wir machen eben nicht alles, was wir wissen und wir wissen nicht alles, was wir machen. 

    Wir wissen was wir tun müssen und tun es manchmal trotzdem nicht.

    If it isn’t on the calender, it isn’t real.

    Wenn es nicht im Kalender ist, dann existiert es nicht.

    Tim Ferriss

    Anders gesagt, Zeit hat man nicht … Zeit nimmt man sich. Egal wie wichtig deine Ziele sind, wenn sie nicht terminiert und ausreichend geplant sind, dann werden sie wahrscheinlich verschoben oder vergessen. Terminiere deine Handlungen, ob sie groß oder klein sind. Sorge dafür, dass du regelmäßig das tust, was dich deinen Zielen näher bringt.

    Präge eine Gewohnheit, die dich der Exzellenz näher bringt. Es muss nichts Großes sein. Es ist eine häufig anzutreffende Fehlannahme zu glauben, dass es besser ist, nichts zu tun, als wenig zu tun. Ich bekomme häufig zu hören, dass es ja nichts bringt, nur einmal die Woche Sport zu machen oder nur 3 Minuten pro Woche für Mentales Training einzuplanen. Man will es ja schließlich richtig machen oder dann eben gar nicht.

    Durch diese Alles-Oder-Nichts Einstellung kommt es gar nicht erst zur Veränderung. Man schafft daher auch nicht, neue Gewonheiten aufzubauen und der persönlichen Bestleistung näher zu kommen, weil man zu sehr damit beschäftigt ist, 10 Schritte vorauszudenken. Dabei wäre der erste Schritt schon ein guter Anfang.

    Weniger, aber besser.

    Dieter Rams

    Ich fordere dich nicht auf, deine Zeit mit Sportpsychologie zu füllen. Ich hoffe, dass ich dazu beitragen kann, dass du im Sport mehr siehst, als nur Bewegung von Körpern und Gegenständen. Halte Ausschau nach dem, was dem Auge nicht zugänglich ist. Sieh die Dinge, die sonst keiner bemerkt. Beobachte die reibungslose Kommunikation im Team, die für einen Zuschauer kaum bemerkbar ist.

    Bemerke die Selbstverständlichkeit, mit der die Sportler kommunizieren und den Eindruck erwecken, es sei natürlich und mühelos. Das Spannende liegt hinter verschlossenen Türen, die eigentlich offen sind. Sie öffnen sich für aufmerksame und neugierige Beobachter. Kleine Einblicke in diese gehüteten und abgelegenen Orte finden wir in Interviews, Büchern, Gesprächen und in der Forschung.

    Und doch sollten wir nicht aus den Augen verlieren, wer wir sind und warum wir uns mit der Sportpsychologie und dem Mentaltraining beschäftigen. Jeder von uns ist auf der Suche – auf der Suche nach dem eigenen Weg.

    Auf der Suche nach dem eigenen Weg.

    Ich möchte mit dir die acht „Suggestions for Succeeding“ von John Wooden teilen. Zum einen, weil er ein sehr erfolgreicher Basketballcoach war, von dem man viel über Sport lernen kann. Zum anderen, weil seine Lehren weit über den Sport hinausreichen und das Potenzial haben, unser Leben zu berühren und zu verändern. In seinem Buch „Wooden – A lifetime of observations and reflections on and off the court“ (1997) teilt er acht Vorschläge, um erfolgreich zu sein. Insbesondere die Trainer unter uns möchten sich vielleicht eines seiner Bücher besorgen.

    1. Fürchte deinen Gegner nicht. Respektiere jeden Gegner.

    2. Denke daran, es ist das Perfektionieren der kleinen Details, das die großen Dinge möglich macht.

    3. Behalte im Hinterkopf, dass große Anstrengung viele deiner Fehler wettmachen kann.

    4. Interessiere dich mehr für den Charakter, als für das Ansehen.

    5. Sei schnell, aber gerate nicht in Eile.

    6. Je härter du arbeitest, desto mehr Glück wirst du haben.

    7. Wisse, dass die Selbstanalyse wesentlich dafür ist, um sich zu verbessern.

    8. Denke daran, dass es keinen Ersatz für harte Arbeit und sorgfältige Planung gibt. Failing to prepare is preparing to fail. Mit dem Mangel an Vorbereitung, bereitest du deine Niederlage vor.

    Aus dem Buch: Wooden – A lifetime of observations and reflections on and off the court (1997) –

    Ist dir aufgefallen, dass er nicht die Technik betont, nicht die Kondition oder das taktische Verständnis? Diese Dinge sind äußerst wichtig, um gut zu sein – so viel ist klar. Doch die technischen Aspekte liegen in der Mikroebene und steuern das Verhalten und unsere Anstrengung nur kurzfristig.

    Die acht Aussagen liegen dagegen in der Markoebene und steuern das Verhalten langfristig, geben die Richtung vor und werden keinen unmittelbaren Nutzen haben. So wird dir die Selbstanalyse kurzfristig keinen Erfolg hervorzaubern können, denn es ist ein Prozess.

    Auch das Beachten kleiner Details verhilft dir nicht zu einem Sieg im nächsten Spiel. Auch das ist ein Prozess, der erst nach einer Zeit Früchte tragen wird.

    Die Früchte unserer Arbeit werden nicht sofort sichtbar. Es braucht Zeit, bis die ersten genießbaren Trauben sichtbar werden.

    Die acht Vorschläge vermitteln eine Sport- und Lebensphilosophie. Den wenigsten Sportlern mangelt es an einer technischen oder taktischen Unterweisung, denn das wird im Training bearbeitet. Kaum behandelt wird die Philosophie und Psychologie, die dafür sorgt, dass wir durchhalten, weitermachen und uns nachhaltig motivieren. Wie sieht deine Philosophie und Psychologie des Erfolgs aus?

    My two biggest assets in life are passion and commitment

    Meine zwei größten Werte im Leben sind Leidenschaft und Hingabe.

    Misty May-Treanor

    In den Beiträgen habe ich manchmal versucht den Lesefluss zu stoppen und dir einige Sekunden des Nachdenkens und des Lernens zu ermöglichen. Ist es mir gelungen? Konntest du einige Momente der innerlichen Stille gewinnen? Auch das ist eine Gewohnheit, die auf einer Philosophie der Selbsterkenntnis beruht und uns langfristig weiterbringen kann.

    „Um uns zu erlauben, bei uns selbst zu sein und den Kontakt zu sich selbst zu spüren, müssen wir die gegenwärtige Erfahrung kurz pausieren und den Moment wirken lassen. Diese Pause sollte lang genug sein, um den Moment zu spüren und zu verstehen. Nur dann, können wir die Gegenwart in ihrer Ganzheit akzeptieren, daraus lernen und weitergehen. Stattdessen füllen wir die Gegenwart häufig mit der Vergangenheit und leben in der Zukunft, die noch nicht eingetreten ist.“

    In diesem Auszug aus dem Buch zur Achtsamkeit von Jon Kabat-Zinn (2009) wird verdeutlicht, dass die Aufmerksamkeit zu einem starken Instrument des Verständnisses werden und die Akzeptanz und innere Ruhe bringen kann. In scheinbar ausweglosen Spielen und schwierigen Situationen können wir von dieser achtsamen Haltung profitieren. Du entscheidest worauf du deine Aufmerksamkeit richtest und welchen Schritt du gehst.

    Quellen

    Ferriss, T. (2016). Tools of titans: The tactics, routines, and habits of billionaires, icons, and world-class performers. Houghton Mifflin Harcourt.

    Kabat-Zinn, J. (2009). Wherever you go, there you are: Mindfulness meditation in everyday life. Hachette Books.

    May-Treanor, M. (2010). Misty – My Journey through Volleyball and Life.

    Wooden, J. R., & Jamison, S. (1997). Wooden: A lifetime of observations and reflections on and off the court. Chicago, IL: Contemporary Books.

  • Motivation – Was treibt uns an

    Motivation – Was treibt uns an

    Warum liest du diesen Text? Was treibt dich dazu an, diese Zeilen zu lesen? Minuten deines Lebens damit zu verbringen, Textzeilen auf dem Bildschirm eines Monitors zu betrachten?

    Es ist eine Frage nach deiner Motivation. Was motiviert dich? Mehr als hundert Jahre nach der Entstehung der ersten Motivationstheorien können wir mit Sicherheit sagen, dass die menschliche Motivation komplexer ist, als das man sie so umschreiben könnte: „Nach Glück streben und Schmerz vermeiden“.

    Es ist eine gute Erklärung, wenn es darum geht festzustellen, warum wir unsere Hände nicht dauerhaft auf heiße Herdplatten legen und Ratgeber kaufen, die uns die Formel des Glücks versprechen. Diese einfache Theorie kann uns aber nicht erklären, warum Menschen die Schmerzen eines Marathons auf sich nehmen oder weshalb es Männer gibt, die American Football spielen und sich Schmerz zufügen lassen. Sehen wir uns eine populäre Theorie an.

    „Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie.“

    Kurt Lewin

    Selbstbestimmungstheorie – Self determination theory (SDT) ist eine  Theorie der Motivation. Laut dieser Theorie hat jeder Mensch drei grundlegende psychologische (intrinsische) Grundbedürfnisse, die er befriedigen möchte – unser Fokus liegt also auf der intrinsischen Motivation.

    #1 Autonomie

    Das Streben nach Autonomie und Unabhängigkeit ist ein Grundbedürfnis.

    Die Autonomie können wir auch als Unabhängigkeit bezeichnen. Dahinter verbirgt sich der Wunsch selbstständig zu denken, zu handeln und zu sein. Es äußert sich in dem Wunsch aus dem Elternhaus auszuziehen, anderen Menschen zu widersprechen, eigene Ideen und Haltungen abseits der Mainstream-Meinung zu hegen oder sich selbstständig zu machen.

    Lieber Leser, ohne Zweifel wirst du die natürliche Tendenz nach eigener Eigenständigkeit spüren, wenn man für dich entscheidet, was du zu tun und zu denken hast. Die menschliche Angst davor, kontrolliert und manipuliert zu werden, ist groß.

    Wir streben nach finanzieller, persönlicher und emotionaler Unabhängigkeit und fühlen uns in Situationen überdurchschnittlicher Abhängigkeit eher unwohl. Welche Handlungen werden noch durch das Bedürfnis nach Autonomie ausgelöst? Was fällt dir noch ein?

    #2 Soziale Eingebundenheit

    Es ist ein zentrales menschliches Bedürfnis einer Gruppe anzugehören.

    Es ist die Suche nach Kontakt und Verbindung mit anderen Menschen und der Wunsch nach körperlicher und psychologischer Nähe. Die soziale Eingebundenheit ist der Klebstoff unserer Gesellschaft, der uns auch in schwierigen Zeiten zusammenhält.

    Deine genetische Veranlagung diktiert, dass du dich ausdrückst, sei es durch deinen Gesichtsausdruck oder mit deinen Wörtern. Du möchtest gehört und gesehen werden und den Menschen nah sein, die dir wichtig sind.

    Dieses Grundbedürfnis ist so fundamental und so grundlegend, dass es beinahe lächerlich ist, Beispiele dafür zu nennen. Der Kontakt zu deinen Eltern und Freunden durch ein persönliches Gespräch oder am Telefon, die Beteiligung an Vereinen und Events, die Besuche von Partys, Museen und Parks.

    Unter uns gibt es Menschen, die Phasen der Einsamkeit durchleben und sich in Einsamkeit hüllen. Sie erfahren die Grausamkeit der Einsamkeit, für die unser Geist und unser Körper nicht geschaffen sind. Wir sind soziale Tiere und brauchen Kontakt zu Mitmenschen.

    #3 Kompetenz

    Die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und an Kompetenz zu gewinnen, fühlt sich gut an. Es ist intrinsisch motivierend.

    Das Bedürfnis, sich kompetent zu fühlen, ist die dritte Komponente der Motivationstheorie. Kannst du dich damit identifizieren? Stelle dir bitte die Frage, welches Grundbedürfnis mit dem Lesen dieses Textes befriedigt wird? Die Antwort liegt klar auf der Hand, oder? Es ist der Wunsch nach neuem Wissen und neuen Erkenntnissen, die dich dazu motiviert, sich hinzusetzen und zu lesen. Also der Wunsch nach Kompetenz.

    Erkennst du, dass dahinter der Wunsch steckt, sich zu entwickeln, zu verbessern, zu optimieren? Es ist natürlich auch einer der Gründe warum es Psychologen, Coaches und Trainer gibt, deren Aufgabe es ist, das Bedürfnis nach Kompetenz ihrer Klienten zu befriedigen und ihnen beim Wachsen zu helfen.

    Das Gleiche gilt natürlich auch für körperliche Betätigung, wo man sich kompetent und fähig fühlen möchte. Durch Siege, Erfolge, Medaillen, Anerkennung befriedigen wir das Bedürfnis nach eigener Kompetenz. Deshalb streben wir primäre nicht nach Medaillen, sondern eher nach der Anerkennung (soziale Eingebundenheit) und Selbstsicherheit (Kompetenz), die dahinter steckt.

    In der Grafik sind die drei intrinsischen menschlichen Grundbedürfnisse dargestellt.

    Psychologische Grundbedürfnisse im Konflikt

    Im Sport können die Bedürfnisse im Konflikt zueinander stehen, beispielsweise die Autonomie und soziale Eingebundenheit im Teamsport, die man vereinfacht als zwei Gegensätze eines Kontinuums sehen könnte. Der Fußballer vor dem gegnerischen Tor steht vor einem Konflikt – den Torschuss selbst versuchen oder den Pass an einen Mitspieler geben.

    Der Drang nach Kompetenz, Autonomie und sozialer Eingebundenheit ist universell und taucht in jedem Lebensbereich auf. Versuche, die weiter unten aufgelisteten Handlungen den Bedürfnissen zuzuordnen, um dein Verständnis zu vertiefen. Jede Handlung ist natürlich eine Mischung aus mehreren Grundbedürfnissen und kann nicht nur einem einzigen Bedürfnis zugeordnet werden :

    • Für die olympischen Spiele trainieren.
    • Profisportler werden.
    • Trainingsstunde versäumen, um mit der Freundin ins Kino zu gehen.
    • Zum Training gehen, obwohl man nicht motiviert ist.
    • In den Urlaub fliegen.
    • An einem Turnier teilnehmen.
    • Einem Freund beim Umzug helfen.
    • Einem Freund beim Umzug nicht helfen.
    • Aus einem Flugzeug springen (mit Fallschirm).
    • Streit mit dem Trainer anfangen.
    • In die Diskussion mit dem Gegner über die Regeln des Spiels geraten.

    Vielleicht konntest du beim Beantworten dieser Fragen feststellen, dass die Antworten nicht ganz eindeutig sind und noch weitere Bedürfnisse eine Rolle spielen. Hunger, Durst, Schmerz – Überleben. Nicht alles lässt sich diesem Beitrag festhalten.

    Insbesondere die Surfer der großen Wellen bewegen sich häufig auf einem schmalen Pfad des Überlebens.

    Glücklicherweise sind wir Menschen sehr neugierige Wesen und probieren sehr viel aus. Wir können sehr unbeständig sein und das trifft auf unsere berufliche Laufbahn, unsere Ess- und Schlafgewohnheiten, aber auch unsere Sportroutinen zu. Diese Sprunghaftigkeit hat ihre Vorteile, aber auch ihre Schattenseiten. Diese Unbeständigkeit, die einem zum Ausprobieren von Neuem verleitet, ist ein schlechter Ratgeber, wenn es darum geht, Höchstleistung zu erreichen.

    Gewohnheiten und Systeme laufen automatisch ab und sind deine Freunde auf dem Weg zur Höchstleistung. Die Schwierigkeit dabei – ein System der Verbesserung und Exzellenz zu erschaffen und in deinen Tagesablauf zu implementieren. Es ist zugleich eine Wissenschaft und eine Kunst.

    „Losers have goals.

    Winners have systems.“

    Scott Adams

    Die Idee ist simpel. Und dennoch zeigt sich, dass simple Dinge nicht immer einfach auszuführen sind. Es ist die langfristige Ausrichtung unseres Handelns, die uns die meisten Schwierigkeiten bereitet – unser Gehirn tut sich damit schwer, nachhaltig und langfristig zu denken. Wenn du großartig werden möchtest, dann brauchst du ein großartiges System, das deine Motivation berücksichtigt. 

    Quellen

    https://de.wikiquote.org/wiki/Kurt_Lewin

    https://de.wikipedia.org/wiki/Selbstbestimmungstheorie

  • Konzentration trainieren

    Konzentration trainieren

    In diesem Beitrag erfährst du, wie du die eigene Konzentration trainieren kannst. In der Sportpsychologie gibt es dazu viele Techniken, wir probieren ein paar davon aus. Versuche zunächst die folgende Frage zu beantworten:

    Welche mentale Fähigkeit spielt im Eishockey die wichtigste Rolle?

    A – Verarbeitungsgeschwindigkeit – Kognitive Fähigkeit

    B – Konzentrationsfähigkeit

    C – Fähigkeit eigene Aufregung zu regulieren

    Antworten A B C sind alle korrekt. Alle sind wichtig und es ist meines Wissens bislang nicht möglich zu sagen, was wichtiger ist, weil alle Faktoren ihren Teil zur Leistung beitragen. Warum stelle ich dann die Frage, wenn es keine eindeutige Antwort gibt? Nun, es ist schon ein Erkenntnisgewinn darüber nachzudenken, welche mentalen Faktoren es überhaupt gibt. Wie gut kannst du dich konzentrieren? Und wie oft denkst du darüber nach, wie gut du dich konzentrieren kannst? Was könntest du tun, um deine Konzentrationsfähigkeit zu steigern?

    Übung 1

    Zähle lautlos bis 50. Achte bitte dabei, dass du die Zahlen innerlich aussprichst und den Abstand zwischen den Zahlen gleich hältst. Los!

    Wie war es? Leicht? Schwer? Normal? … Nimm dir bitte die Zeit und probiere die Übung wirklich aus. Jetzt machen wir die Übung etwas schwieriger, sodass du die Grenzen deiner Konzentrationsfähigkeit testen kannst.

    Übung 2

    Setze dir Kopfhörer auf oder mach deine Musikanlage an. Schalte dir ein beliebiges Lied ein. Zähle anschließend, während das Lied läuft, lautlos bis 50. Achte bitte dabei, dass du die Zahlen innerlich aussprichst und den Abstand zwischen den Zahlen gleich hältst.

    War der Unterschied zwischen den Übungen für dich bemerkbar? Ist es dir schwieriger gefallen, aufmerksam und konzentriert zu zählen, ohne dich ablenken zu lassen? Mit der letzten Übung hast du deine selektive Aufmerksamkeit getestet, also die Fähigkeit, bestimmte Stimuli zu ignorieren, um mit anderen Stimuli effektiv umzugehen. Bedenke, dass Lernfortschritte vor allem aus Situationen resultieren, in denen du über deine persönlichen Grenzen hinausgehst und Dinge trainierst, die dich fordern. Wenn die Übung für dich keine Herausforderung war, dann brauchst du andere, die dich stärker fordern.

    Lass uns nun die Konzentrationsfähigkeit aus einer anderen Perspektive betrachten, indem wir uns über eine Sportart unterhalten, die in Deutschland nicht weit verbreitet ist. Baseball. Ich gehe nicht auf die Regeln und Details der Sportart ein, nähere Informationen findest du unter diesem Link. Besonders spannend sind für uns die Duelle zwischen dem Pitcher (Werfer) und dem Batter (Schläger).

    Im Durchschnitt erreichen die Fastballs (Würfe) eines Pitchers 90 mp/h, also 145 km/h (Mehr über die Technik und Geschwindigkeit eines Fastballs). Auch ohne die Meinung eines Wissenschaftlers können wir nachvollziehen, dass solche Bälle verdammt schnell sind. Sieh dir das Video an, um einen kurzen Einblick in die Welt von Baseball zu erhalten und um zu sehen wie Pitches ausgeführt werden.

    https://www.youtube.com/watch?v=v5oDTxcex0k

    Eine kurze Ablenkung und man hat den Ball verpasst. Ein Moment der Unaufmerksamkeit und es ist bereits zu spät den Schläger zu bewegen. Wie schafft man es, solch schnellen Bälle zu sehen und auf sie zu reagieren? Mark Williams, der seit Jahrzehnten im Bereich der visuellen Wahrnehmung im Sport forscht, schrieb darüber in seinem Buch über exzellente Leistung im Baseball (Williams, Davids & Williams, 1999). Er folgerte, dass exzellente Leistung als Batter (Schläger), nur dann erreicht werden kann, wenn extensive Erfahrung und gute visuelle Fähigkeiten vorliegen.

    Es ist nicht allein die Reaktionsgeschwindigkeit, die darüber bestimmt, ob ein Batter gut ist, sondern es ist vielmehr die visuelle und mentale Fähigkeit die Laufbahn des Balles zu erkennen und zu rekonstruieren. Der Job des Batters besteht also nicht nur darin, den Schläger mit großer Kraft zu führen, sondern auch darin, sich zu konzentrieren und mental vorbereitet zu sein. Und genau die Fähigkeit der mentalen Bereitschaft und Konzentration trainieren wir mit den hier vorgestellten Übungen.

    Übung 3

    Du siehst ein Konzentrationsgitter. Wenn es für dich möglich ist, dann drucke dieses Gitter ein paar Mal aus. Wenn du es nicht ausdrucken kannst, dann machst du die Übung einfach am Monitor – es ist allerdings etwas schwieriger. Halte eine Stoppuhr bereit, um deine Zeit zu stoppen. Deine Aufgabe besteht darin, die Zahlen in aufsteigender Reihenfolge durchzustreichen oder auf dem Monitor zu finden (00, 01, 02, 03 etc.).

    Du kannst die Übung einige Tage nacheinander wiederholen. Deine Leistung sollte sich in den nächsten Tagen verbessern, nicht nur wegen deiner Konzentrationsfähigkeit, sondern auch deshalb, weil du dich an einige Zahlen erinnerst.

    Wie jede andere Fähigkeit lässt sich auch die Konzentrationsfähigkeit trainieren. Mit den drei Übungen wollte ich dir die Gelegenheit bieten, sich auszuprobieren und deine Konzentration zu testen.

    Quellen

    Williams, A. M., Davids, K., & Williams, J. G. P. (1999). Visual perception and action in sport. Taylor & Francis.https://de.wikipedia.org/wiki/Baseballhttps://de.wikipedia.org/wiki/Fastball

  • Coaching for Performance – Bewusstsein und Autonomie

    Coaching for Performance – Bewusstsein und Autonomie

     Nelka

    Coaching for Performance lautet der Titel des Buches von John Whitmore, das sich mit Bewusstsein und Autonomie im Sportkontext beschäftigt. Das ist keine wissenschaftliche Arbeit und er war auch kein Wissenschaftler. Er war die Schlüsselfigur im Coaching und prägte mit seinen Ideen und Büchern das Vorgehen der nachfolgenden Coaches im Business- und im Sportbereich.

    Norm des Sportsystems

    Im Sportkontext weist er daraufhin, dass Trainer die Athleten unterweisen und mit Informationen versorgen. Das ist so gewöhnlich, dass der Satz kurios erscheint. Natürlich unterweist der Trainer den Sportler. Denn man geht davon aus, dass der Trainer weiß was man braucht und was man tun soll. Er sagt es und man tut es. Das ist die Norm unseres Sportsystems. Das System ist gut, aber es könnte noch zusätzlich angereichert werden, mit zwei Prinzipien.

    1. Steigerung des Bewusstseins
    2. Steigerung der Autonomie der Athleten (Selbstbestimmung)

    Statt das Wissen sofort zur Verfügung zu stellen, könnte der Trainer zuerst das Bewusstsein dafür steigern. Wenn der Trainer mit einem Boxer an der Fußarbeit arbeiten möchte, dann könnte er ihn fragen, wie groß die Schritte beim Sparring ausfallen. „Wie viele Zentimeter ist dein Ausfallschritt mit dem rechten Bein? Und mit dem linken?“ Höchstwahrscheinlich kann der Boxer die Frage nicht sofort beantworten und muss seine Aufmerksamkeit auf die Fußarbeit richten.

    Selbstbestimmung gesteigert

    Voilá! Das Bewusstsein für die Fußarbeit wurde geweckt und zwar ohne eine direkte Anweisung „Achte auf deine Fußarbeit!“. Zusätzlich wurde die Selbstbestimmung teilweise in die Hände des Sportlers gelegt. Für eine Leistungssteigerung reicht es häufig nicht aus, zu wissen, was man tun sollte.

    Man weiß es, macht es aber trotzdem nicht oder macht es nicht ausreichend. Durch die systematische Steigerung des Bewusstseins und der Autonomie, schafft man eine solide Grundlage, um Leistung langfristig zu verbessern. Durch die Hinzunahme von Bewusstsein + Verantwortung, lässt sich die Leistung von Sportlern langfristig steigern.

    Quellen

    Whitmore, J. (2010). Coaching for performance: growing human potential and purpose: the principles and practice of coaching and leadership. Nicholas brealey publishing.

  • Gespräche, die man nicht führen will

    Gespräche, die man nicht führen will

    Die arrogante und herablassende Einstellung des Teamleiters, übertriebener Ehrgeiz des Trainingspartners, giftige Kommentare des Trainers oder ein Familienmitglied, der von der Tribüne gerne peinliche Kommentare herausschreit. Früher oder später kommt der Punkt, an dem man jemanden etwas sagen möchte.

    Viele von uns sehnen sich nicht nach solchen Gesprächen. Der Zeitpunkt muss stimmen und der stimmt eigentlich nie, bis das Fass voll ist. Als dann die Sicherung rausfliegt, wird es ungemütlich für beide Seiten. Kann es von Vorteil sein das Gespräch zu suchen, bevor es zur Explosion kommt? Die Antwort liegt auf der Hand.

    Die Kritikformel

    Mein Teampartner nervt und ich entscheide mich, es ihm zu sagen. Wie mache ich das? Jeder kennt die Kritikformel – erst etwas Positives sagen und erst dann die Kritik äußern. Leider wird diese „Technik“ von jedem durchschaut, weil das Positive nur am Rande auftaucht und häufig gar nicht ernst gemeint ist. Das Positive ist das Gemüse auf dem Teller mit saftigem Schnitzel – man will das Gemüse schnell hinter sich bringen und zum Hauptgericht kommen.

    Der Empfänger der Botschaft riecht die Kritik sehr schnell und bereitet sich vorsorglich auf einen Kampf vor. Denn es geht um seine Identität und Integrität und die möchte beschützt werden. Ein Angriff wird mit einem Gegenangriff erwidert.

    Dabei ist es nicht entscheidend, ob die vorgetragenen Argumente legitim sind oder nicht. In der Regel haben sie ihre Berechtigung. Die Frage ist aber, ob die Kritik ihr Ziel erreicht. Statt das Verhalten der Person zu ändern, sorgt die Kritik häufig dafür, dass die Person defensiv, beleidigt oder aggressiv wird.

    Was kann man also stattdessen tun? In ihrem Buch Diffucult Conversations, stellen Stone, Heen und Patton (2010) verschiedene Ansätze vor, wie an solche schwierigen Gespräche produktiv rangegangen werden kann. Eines der Kernideen der Autoren ist die Einstellung, mit der man in das Gespräch geht:

    Verständnis statt Urteil

    Wenn man also darauf eingestellt ist, jemanden zu verstehen und nicht ein Urteil abgeben zu wollen, dann erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass das Gespräch produktiv verläuft. Das setzt das Bewusstsein voraus, dass wir nicht die volle, objektive „Wahrheit“ kennen, sondern dass die andere Person eine Perspektive hat, die wir noch nicht kennengelernt haben. Das ist keine Technik, sondern eine Haltung. Nur wenn ich wirklich verstehe und akzeptiere, dass jeder Mensch eine Perspektive hat und es keine einzig wahre Sichtweise gibt, kann ich neugierig sein.

    Was hat den anderen veranlasst, so zu handeln?

    Es ist leichter gesagt als getan. Versetze dich jetzt bitte in eine Situation, die dich sehr stark aufgeregt hat. Was war deiner Meinung nach das Problem? Was hat der oder die andere „falsch“ gemacht? Warum hat er das gemacht? Und was hast du „falsch“ gemacht? Wenn du in der Situation wirklich emotional warst, dann ist es wahrscheinlich, dass du dein Verhalten nicht als „falsch“ ansiehst: „Das war ganz klar die andere Person“.

    Wir sehen den Fehler bei den anderen. Wir urteilen. Häufig wollen wir auch nicht verstehen. Wir wollen urteilen, weil wir die „Guten“ sind.  Die anderen sehen sich aber auch im Recht und urteilen über uns. Sie denken auch, dass sie die Guten sind. Sie wollen nicht verstehen – genauso wie wir, wollen sie urteilen. Statt zu urteilen, könnten wir neugierig werden. Mit dieser Haltung könnten einige unserer schwierigen Gespräche weniger schwierig ablaufen.

    Quellen

    Stone, D., Heen, S., & Patton, B. (2010). Difficult conversations: How to discuss what matters most. Penguin.

  • Psychologe, Coach, Berater

    Psychologe, Coach, Berater

    Dank für das Foto geht an Marco Bianchetti


    Wie schlimm muss es dir gehen, damit du dich einem Psychologen anvertraust? Sehr schlimm, wenn man der Dissertation von Maniar (1998) glauben darf. Der Forscher untersuchte von wem Sportler eher bereit sind Hilfe anzunehmen – von Coaches, Ärzten, Freunden, Psychologen, Beratern oder Priestern. Die Wenigsten wird vielleicht überraschen, dass klinische Psychologen sich ganz hinten anstellen müssen, neben Beratern und Priestern. Wenn ein Athlet also ein sportspezifisches Problem hat oder seine Leistung verbessern möchte, dann geht er nicht zum Psychologen oder Berater, sondern zuerst zum Coach oder einem Freund. Macht Sinn oder? Man kennt sie gut, vertraut ihnen und muss sie auch nicht bezahlen. Etwas überraschender ist der Befund, dass ein Performance Enhancement Specialist (P.E.S. – Spezialist für Leistungssteigerung) eher aufgesucht werden würde, als ein Sportpsychologe. Maniar erklärt das damit, dass das Wort „Psychologe“ seit vielen Jahren einem Stigma unterliegt, zum Teil weil man schlichtweg nicht weiß, was ein Psychologe macht und ob er beißt. Den Befunden zufolge ist es von Vorteil den psychologischen Aspekt nicht zu stark in den Vordergrund zu rücken, weil einige Sportler besorgt sind, als gestört zu gelten. Das erklärt, warum im alltäglichen Sprachgebrauch viel häufiger von mentaler Stärke, als von psychologischer Resilienz die Rede ist und warum einige Psychologen sich eher Mentalcoaches nennen. Zusätzlich wurde in der Studie erfragt, welche Interventionen aus der Sportpsychologie am meisten benutzt werden. Zielsetzung und Visualisierung steht auf der Präferenzliste von Sportlern ganz oben, dicht gefolgt von Entspannungsübungen. Hypnose und medikamentöse Behandlungsmethoden erfreuen sich dagegen größerer Unbeliebtheit. Der Unterschied in der Beliebtheit könnte in der empfundenen Kontrollierbarkeit der Interventionen liegen – bei der Zielsetzung habe ich das Ruder in der Hand und bei der Hypnose bin ich dem Hypnotiseur ausgeliefert. Je mehr Kontrolle ich also über das Verfahren habe, desto wahrscheinlicher ist es, dass ich es auch anwenden würde. 

    Quellen

    Maniar, S. D. (1998). Athlete preferences for sport psychology interventions.