Michael Jordan – Vom Siegen und Scheitern einer Sportlegende

Können alle Ziele erreicht werden oder gibt es Grenzen, die nicht überwunden werden können? Mehr dazu von Michael Jordan.

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Dank für das Foto geht an Howard Chai


Wie trainiert eine Sportlegende wie Michael Jordan? Was treibt ihn an? Was denkt er während des Trainings und was fühlt er danach? Können alle Ziele erreicht werden oder gibt es Grenzen, die nicht überwunden werden können? Mehr dazu von Michael Jordan.

Die Legende des Basketballs spricht zu uns aus dem Buch von Bob Greene [1]. Michael Jordan, das Vorbild für Generationen von Sportlern, einer der besten Basketballspieler aller Zeiten.

Trotz der drei gewonnenen Basketball-Meisterschaften mit den Chicago Bulls, 1991, 1992 und 1993 , verlässt Jordan die Basketballarena. Am Höhepunkt seiner Karriere geht der Kapitän vom Schiff und tut etwas, womit keiner rechnet – er geht zum Baseball. Bereits als Jugendlicher hat er Baseball gespielt – jetzt ist er zwar deutlich älter (30 Jahre alt), aber er möchte sehen, wie gut er werden kann.

Liebe Leser, es ist das Lebensexperiment von Michael Jordan. Kann er die Sportart wechseln und dabei erfolgreich sein? Hilft ihm sein Basketballtalent bei einem anderen Sport? Oder ist das Vorhaben von vornherein zum Scheitern verurteilt? Wir begleiten Michael Jordan bei seiner Reise ins Unbekannte:

„Ich stelle meinen Wecker auf 5 Uhr morgens. Ich esse ein Müsli und ein paar Donuts. Um 6 Uhr bin ich im Auto. Bis zum Trainingsgelände brauche ich 25 Minuten.“

Michael trainierte 5 Mal die Woche. Er absolvierte freiwillige Sondertrainings am Sonnenaufgang, kam als erster und ging als letzter. Sein Coach, Walt Hriniak drückte es so aus: „Der Junge ist verdammt Klasse. Ich habe noch nie jemanden so intensiv trainieren sehen.“ Doch die Zeit war knapp, ihm war bewusst wie viel er noch lernen musste, bevor die Saison anfing.

Als Kind spielte er zwar Baseball in der High School, aber es war lange her. Jetzt wollte Michael zwar kein Superstar des Baseballs werden, aber er wollte mit den Profis auf Augenhöhe spielen – und das ging nicht über Nacht. Leistungsdruck und hohe Erwartungen gehörten zu seinem Alltag in der NBA – er konnte damit umgehen und Spitzenleistungen erbringen. In der Umgebung, auf einem Baseballplatz war er allerdings neu und anfangs sehr nervös:

„Im Basketball war ich gewohnt, in engen Spielsituationen auf meine Erfahrung zu setzen. Ich erinnerte mich an ähnliche Situationen und blieb ganz ruhig. Diese innere Stimme habe ich nicht mehr, denn ich kenne keine Spielsituationen im Baseball. Ich hoffe das ändert sich bald.“

Michael bekam oft die Gelegenheit zu spielen. Der Cheftrainer wollte, dass sich der Superstar blamiert und die Mannschaft verlässt. So kam es, dass Jordan bei einem wichtigen Spiel einen einfachen Ball nicht fangen konnte und sich vor seinen Mannschaftskollegen blamierte. Nach dem Ende des Spiels starrte er auf den Rasen und vermied jeglichen Augenkontakt. Diese persönliche Niederlage traf ihn hart:

„Scheiße! Ich habe kaum geschlafen. Ich sehe immer noch diesen blöden Ball herunterkommen.“

Die Niederlage kam nicht allein – auch in den nächsten Spielen versagte er immer wieder. Auf die offene Wunde drückte zusätzlich noch die Zeitschrift Sports Illustrated. Das Titelbild des Sportblattes (Klick auf den Link)  zeigte Michael Jordan und darunter stand:

“Lass es, Michael! Jordan und die White Sox blamieren Baseball.”

Er trainierte weiterhin wie ein Besessener, er musste nicht, doch er tat es. Der Multimillionär und legendärer Spieler der NBA rackerte sich in einem Sport ab, der ihm nichts schenkte. Er konnte jederzeit aussteigen und in die NBA gehen oder einfach um die Welt reisen. Stattdessen bat Michael Jordan nach schlechten Tagen um zusätzliche Trainingseinheiten.

„Keine Chance, wenn ich sage, dass ich etwas mache, dann mache ich es.“

Es änderte allerdings nicht die Tatsache, dass er die schlechteste Statistik als Batter hatte (auch Schlagmann oder Offensivspieler genannt). Mit anderen Worten, er traf den Ball nicht wenn er mit einem Baseballschläger am Schlag war. Er wollte in der höchsten Baseballliga spielen und wusste, dass es nicht leicht werden würde. Doch nach einigen Monaten Vorbereitung kam die Enttäuschung – er war zu schlecht für die erste Liga. Er musste in die dritte Liga.

Warum spielt Michael Jordan in der dritten Baseball-Liga? Warum versucht er nicht erneut, die Basketball-Meisterschaft mit den Chicago Bulls zu gewinnen?

„Das bedeutet mir nichts mehr. Ein Erfolg den wir schon kannten. Langweilig. Aber hier, das ist neu. Hier muss ich noch etwas beweisen.“

Während der Baseball-Spiele hatte er durchaus auch Erfolge gehabt, aber trotzdem war er bisher kein guter Baseballspieler. Sein Einsatz beim Training und sein Eifer in den Wettkämpfen brachten nicht den Ertrag, den er erwartet hatte und er konnte das Problem nicht lösen:

„Es liegt nicht an der fehlenden Technik. Ich schaffe es nur nicht, im Unterbewusstsein den gesamten Ablauf eines gelungenen Schlages abzuspeichern. Ich weiß nicht wie ich das lösen soll. Auf dem Basketballcourt musste ich niemals nachdenken. Es gab keinen Moment in meinem Spiel, wo ich anhalten und überlegen musste.“

Er war überzeugt, dass er gut genug war, alles zu machen, was man von ihm verlangte. Er hatte ein Sporttalent, daran glaubte er. Seiner Meinung nach war sein Problem kein körperliches, sondern ein mentales. Das Gehirn war schuld an seinem Versagen. Beim analysieren seines Spiels und seiner Fehler betrachtete er vor allem die Details, suchte die Lösung in den kleinsten Bestandteilen.

„Am meisten beeindruckt mich inzwischen wie sehr er sich reinhängt. Der Kerl tut einfach alles um gut zu spielen.“ – sagte der Coach Mike Barnett über Jordan. Trotz seiner Hartnäckigkeit hinterließen die Enttäuschungen bei Michael eine Spur. Ungefähr nach einem Jahr im Baseball hatte er auch mit dem Gedanken gespielt, das Handtuch zu werfen. Dennoch besserte sich im Laufe der Zeit seine Leistung in der dritten Liga, sein Batting Schnitt stieg von .000 auf .300 an. Er hatte durchaus Erfolg zu verzeichnen und wurde besser.

„Jetzt kann ich beweisen, dass ich Baseball lernen kann. Ich bin nicht großartig, aber ich entwickle mich.“

Das Baseballtrikot wurde zur zweiten Haut, er fühlte sich nicht mehr fremd. Doch eines Tages gab er Baseball auf. Von einem Tag auf den anderen, weil Ron Schueler ihn unter Druck setzte, gegen seinen Willen zu spielen (Zum Hintergrund: Die Baseball-Profis haben zu der Zeit gestreikt und die Spiele der ersten Liga fielen aus. Jemand musste spielen und so wurden auch schlechtere Spieler aus unteren Ligen eingesetzt). Michael wollte das nicht und verließ deshalb die Mannschaft. Er kam nicht wieder.  Zur Ursache des Rücktritts gibt es aber auch andere Meinungen.[2]

Nach nur wenigen Jahren wurde er zu einem passablen Baseballspieler, doch das Baseball-Experiment von Michael Jordan hatte kein Happy-End. Mit seinen Fähigkeiten konnte er nicht in der höchsten Liga spielen – er war nicht mal annähernd so gut wie die Profis. War das ein mentales Problem wie er vermutete, oder war es doch eher körperlich? Wenn wir die Forscher Ericsson, Krampe und Tesch-Romer[3] nach ihrer Meinung fragen würden, dann würden sie vermutlich eher darauf tippen, dass Michael nicht genügend Zeit im Baseball verbracht hat.

In ihrer Arbeit stellen sie nämlich fest, dass Experten vor allem eine bestimmte Eigenschaft ausmacht – mindestens 10 Jahre intensive Übung. Michael verbrachte etwa 2 Jahre im Baseball – nicht genug, um mit den Profis auf Augenhöhe zu spielen. Auch intensive und harte Trainings eines Top-Athleten können diese Zeit nicht wettmachen. Natürlich ist die Dauer der Praxis nicht der einzige Faktor, der darüber entscheidet, wer zum Experten wird und wer nicht, aber es ist ein wichtiger Faktor.[4] Trotz seiner athletischen Fertigkeiten, seiner Motivation und seines Willens war der Spitzensportler nicht in der Lage den Sport erfolgreich zu wechseln.

Die persönliche Einsicht sollte gewürdigt werden, dass sein Problem keine körperliche Ursache hat, sondern eine mentale. Denn ohne Zweifel waren seine ersten Jahre im Basketball nicht von solch enormen Leistungsdruck und hohen Erwartungen geprägt, wie er das beim Baseball erleben musste. Von Anfang an hatte er im Baseball etwas zu verlieren, sein Gesicht und seine Glaubwürdigkeit. Jeder Fehler wurde von der Öffentlichkeit gesehen, ausgewertet und beurteilt. Somit konnte er es sich nicht leisten, “dumme Fehler” zu machen und Neues auszuprobieren und dadurch wurde das Lernen erschwert.

Seine Freude am Lernen und die Neugierde wurden durch das öffentliche Atmen in seinen Nacken gedämpft. Ebenso durfte sein selbsterklärtes Ziel als Baseballprofi zu spielen, ihn stark unter Druck gesetzt haben. Von Freude am Spielen kann da kaum die Rede sein. Ausreichend Zeit zur Entwicklung hatte er sich nicht gewährt und gab nach einigen Jahren auf. Er kann sich nicht vorwerfen, es nicht probiert zu haben und verdient dafür unseren Respekt. Mit den Chicago Bulls gewann er dagegen drei weitere Meisterschaften 1996, 1997, 1998[5] und bleibt eine lebende Basketballlegende.

„Man darf bestimmten Dingen nicht nachjagen, man muss sie geschehen lassen.“

Quellen

[1]https://www.goodreads.com/book/show/592757.Michael_Jordan_Time_Out_Die_Odyssee_Eines_Sportstars

[2] http://www.sportsonearth.com/article/112055674/michael-jordan-quit-baseball-20-years-ago-conspiracy-theory

[3] Ericsson, K. A., Krampe, R. T., & Tesch-Römer, C. (1993). The role of deliberate practice in the acquisition of expert performance. Psychological review, 100(3), 363.

[4] http://www.fastcodesign.com/3027564/asides/scientists-debunk-the-myth-that-10000-hours-of-practice-makes-you-an-expert

[5] https://en.wikipedia.org/wiki/Michael_Jordan