Anton Samsonov

Psychologische Hilfe & Coaching

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Schlagwort: Flow

  • Musikalischer Einfluss

    Musikalischer Einfluss

      Malte Wingen

    Im Einklang stampfen die Füße auf den Boden und vereinen sich mit dem Takt der Musik in den Kopfhörern. Automatisch bewegen sich auch die Finger und klopfen zum Takt. Es ist fast so, als könnten die Klänge ungefiltert in unser Inneres gelangen und dort emotionale, gedankliche und körperliche Reaktionen auslösen.

    Dabei können wir nicht leugnen, dass manche Lieder uns sehr stark berühren, ohne dass wir wissen, warum das so ist. Führen wir uns vor Augen, dass Musik uns vielseitig beeinflusst und fragen uns nach den Konsequenzen und Möglichkeiten, die daraus resultieren.

    Völlige Hingabe

    Wir können mitsingen, den Inhalt rational aufnehmen, interpretieren und mit erlebten Lebenssituationen vergleichen. Es ist ein größtenteils bewusster Prozess, der sich vom passiven Zuhören stark unterscheiden kann. Die meisten von uns kennen auch die Momente der vollständigen Hingabe an die Musik ohne rationale Analyse und den damit verbundenen Zustand der Extase oder des Flow-Erlebens.

    In solchen Momenten schwingt das Herz mit der Melodie ohne Ablenkung und ohne Mühe. Der Moment wird ausgekostet und man existiert im Jetzt-Zustand. In der Forschung wird der Effekt von Musik im Sportkontext eher wenig untersucht, doch es gibt eine wissenschaftliche Arbeit, die häufig zitiert wird (Terry & Karageorghis, 2011). Die Forscher konnten einige positive Effekte von Musik auf sportliche Leistung dokumentieren:

    Musik verändert deine Stimmung

    Unsere Stimmung kann sich von einer Stunde auf die andere ändern. Doch wir müssen uns der Ebbe und Flut unserer Stimmungen nicht vollständig beugen und können sie durch unsere Musikwahl verändern. Welche Musik hörst du, um dich aus einem unmotivierten Zustand zu befreien (z.B. Eye of the Tiger)?

    Songwahl beeinflusst das Erregungsniveau

    Je nachdem welche Musik du hörst, rufst du unterschiedliche Emotionen und Zustände in deinem Inneren hervor. Bediene dich der schnellen Lieder mit mehr als 120 bpm (120 Schläge pro Minute), die meist auch anregend und motivierend sind, um dich zu pushen (z.B. Robert Tepper – No easy way out – 126 bpm).

    Reduktion der Erschöpfungsgefühle

    Das Hören deiner Lieblingslieder kann die Empfindlichkeit gegenüber Schmerz und Erschöpfung senken. Der objektive Schmerz in deinen Gliedern ist dann zwar immer noch vorhanden, wird aber nicht mehr so stark beachtet, weil die Aufmerksamkeit umgelenkt wird (z.B. I am machine – Three Days Grace).

    Steigerung der Energie und Arbeitsleistung

    Bisherige Forschungsarbeiten konnten zeigen, dass das Hören motiverender Lieder die Arbeitsleistung der Sportler bedeutend erhöht. Die Leute legen sich mehr ins Zeug und gehen an ihre Grenzen, wenn sie Musik hören, die sie inspiriert.

    Diese Effekte sind nicht bei jedem Sportler gleich und werden durch diverse individuelle Faktoren beeinflusst, unter anderem durch die die Musikalität und die Persönlichkeit. Fest steht aber, dass viele Sportler die Musik nutzen, um sich an die eigenen Grenzen zu bringen, sich zu motivieren oder um sich abzulenken. Je nach Sportart, Leistungsstand und Persönlichkeit werden die Motive und Gründe für die Nutzung der Musik unterschiedlich sein.

    Quellen

    Terry, P. C., & Karageorghis, C. I. (2011). Music in sport and exercise.

    http://www.cbc.ca/news/canada/british-columbia/pump-up-jams-psychology-1.4550296

  • Psychologisches Momentum im Sport – Teil 1

    Psychologisches Momentum im Sport – Teil 1

     Christopher Burns

    Dem einen oder anderen wird das Wort Momentum bekannt vorkommen, bei der Definition würde man sich aber eher schwer tun. Um Momentum anhand eines Beispiels zu verdeutlichen, stellen wir uns einen Sportler vor, der an einem Tag zwei Wettkämpfe mit unterschiedlichen Gegnern hat. Nennen wir den Sportler Paul.

    Tag 1 – Wettkampf #1 mit Rudolf (verloren)

    Tag 2 – Wettkampf #2 mit Kai (?)

    Paul verliert den Wettkampf #1. Wirkt sich dieser Verlust auf den Wettkampf #2 aus?

    Ja oder Nein?

    Wenn du die Frage mit Nein beantwortest, dann stellt sich die Frage: Wieso nicht? Das erschütterte Selbstvertrauen von Paul könnte sich ja auf das nächste Spiel auswirken. Oder vielleicht hat er damit seine Chance auf den ersten Platz verspielt und strengt sich bei dem zweiten Spiel nicht mehr so viel an.

    Was ist mit dem Gegner – bekommt er vielleicht mehr Selbstvertrauen, weil er gesehen hat, dass Paul seinen ersten Wettkampf verloren hat? Bist du dir also sicher, dass das Ergebnis des ersten Wettkampfs sich nicht auf den zweiten Wettkampf auswirkt?

    Hätte, wäre, würde, könnte… Natürlich wissen wir nicht, was passieren würde, aber eins steht fest. Mehrere Faktoren sind hier im Spiel und eine einfache Antwort wird uns hier nicht weiterhelfen. Und da wären wir – mitten in der Diskussion rund um das Thema Momentum.

    Die Wissenschaftler Iso-Ahola und Mobily (1980) definieren psychologisches Momentum als eine hinzu gewonnene psychologische Kraft, ausgelöst durch Erfolg, die das Verhalten beeinflusst und mit erfolgreicher Leistung einhergeht. Nehmen wir zusätzlich auch eine Kernfrage, die wir beantwortet haben wollen: Hat es im Sport eine Auswirkung, wenn man mehrere Punkte nacheinander macht? Oder mehrere Punkte nacheinander nicht macht? Führt Erfolg zu mehr Erfolg?

    Die Frage klingt vielleicht unwichtig. Oder fast schon langweilig. Wenn wir uns aber ein paar Beispiele vor Augen halten, dann merken wir schnell, dass das Thema im Sport allgegenwärtig ist, insbesondere in Momenten, wo auf den Spielern sehr viel Druck lastet. Um dir ein echtes Beispiel für Momentums zu geben, schaue dir z.B. das folgende Video ab der Minute 4:50 an:


    Fußball:

    Wenn der Torwart einen Ball hält, hat das eine Auswirkung auf die Abwehr der anderen Schüsse? Steigert das die Wahrscheinlichkeit, dass er einen anderen Ball hält?


    Oder sieh dir das Basketballvideo der letzten Minuten der NBA-Finals von 2013 an:

    Für Miami Heat scheint es in den letzten Minuten besser zu laufen, als für die San Antonio Spurs. Hat das mit Momentum zu tun? Oder hat einfach der Stärkere gewonnen?

    Für die Tennisfans gibts das Match von Federer gegen Murray – die ersten 2 Minuten reichen schon aus, um einen Vorgeschmack zu bekommen.


    Die ersten drei Punkte macht Federer und scheint Momentum zu haben, obwohl Murray den Aufschlag hat. Ist es tatsächlich Momentum? Zufall? Können?


    Wir verlassen nun den Bereich der Spekulationen und theoretischen Überlegungen und kommen zu experimentellen Untersuchungen. Eine der bekanntesten Arbeiten in diesem Bereich ist die von Gilovich, Vallone und Tversky (1985). Die Forscher untersuchten das psychologische Momentum im Basketball, was auch als Hot-Hand Phänomen bezeichnet wird. Unter diesem Link finden interessierte Leser die Original PDF-Datei der Studie, die frei zugänglich ist (Link). Nehmen wir nochmal unsere Kernfrage und wandeln diese etwas um, sodass sie speziell auf Basketball zutrifft. Hat es im Basketball eine Auswirkung, wenn der Spieler mehrere Punkte nacheinander trifft? Trifft er dann anschließend noch mehr? Also erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Treffers nach einem vorherigen Treffer? Wird der Spieler sozusagen heiß?

    Von insgesamt 50 befragten Basketballspielern, glaubten 46, dass Hot-Hand / Momentum existiert. Im Widerspruch zu diesem Glauben stehen allerdings die Befunde statistischer Analysen der Forscher, die zeigten, dass sich nach einem erfolgreichen Wurf die Wahrscheinlichkeit nicht erhöht, auch den nächsten Wurf zu versenken. Die Forscher bezeichneten Momentum bzw. Hot-Hand als eine kognitive Verzerrung. Damit unterstellten Gilovich et al. (1985) den Fans, Spielern und Trainern die Unfähigkeit, zufällige Ereignisse als zufällig wahrzunehmen. Unterliegen Sportzuschauer und Spieler tatsächlich einer kognitiven Verzerrung? Oder hat Momentum tatsächlich Auswirkungen auf sportliche Leistung?

    Mehr dazu im nächsten Beitrag…

    Quellen

    Gilovich, T., Vallone, R., & Tversky, A. (1985). The hot hand in basketball: On the misperception of random sequences. Cognitive psychology, 17(3), 295–314.

    Iso-Ahola, S. E., & Mobily, K. E. (1980). “ Psychological momentum“: A phenomenon and an empirical (unobtrusive) validation of its influence in a competitive sport tournament. Psychological Reports, 46(2), 391–401.

    https://thepsychologist.de/psychologisches-momentum