Anton Samsonov

Psychologische Hilfe & Coaching

a.samsonov@thepsychologist.de

Schlagwort: Self-Talk

  • Halt durch! – Self-Talk und Motivation

    Halt durch! – Self-Talk und Motivation

      Coen van den Broek 

    Führst du manchmal Selbstgespräche? Feuerst du dich selbst an? Ich sehe ein, dass du die Fragen vielleicht lieber nicht ehrlich beantworten möchtest – insbesondere dann nicht, wenn sie von Psychologen kommen. Wer möchte schon von sich behaupten, dass er Selbstgespräche führt?

    Doch die Besorgnis ist in diesem Fall unberechtigt. Selbstgespräche, im Weiteren nur noch als Self-Talk bezeichnet, gehören zu unserem täglichen Sein. Der innere Dialog, den wir mit uns selbst führen, ist uns eher selten bewusst. Es ist vielmehr eine innere Stimme, die im Hintergrund aktiv ist.

    Diese Stimme kann für uns oder gegen uns arbeiten. Schon Mentaltrainer aus grauer Vorzeit verwendeten das Self-Talk als Hilfsmittel zur Optimierung sportlicher Leistung (Kornspan & MacCracken, 2002, zitiert nach Tenenbaum & Eklund, 2007, S. 288).

    Über die Jahrzehnte hat sich der Trend nicht verändert – nach wie vor wird der mentale Dialog von Athleten verwendet, um sich selbst anzufeuern: „Du schaffst das!“ Sehen wir uns zu diesem Thema eine Beispielstudie an.


    Den meisten Menschen ist nicht bewusst, dass sie Self-Talk bereits verwenden, wenn auch nur unbewusst – Photo by Robert Baker on Unsplash

    Für das Experiment von Hatzigeorgiadis et al. (2018) wurden 16 männliche Teilnehmer gebeten Rad zu fahren. Dabei gab es die Experimentalgruppe, die das Self-Talk verwendete „Ich bin schnell und ich schaffe das“ und eine Kontrollgruppe, die ohne jegliche Self-Talk Anweisungen radeln sollte.

    Du kannst dir schon denken, was die Forscher finden wollten, oder? Unterscheiden sich die Gruppen in ihrer Leistung? Und genauer: zeigt die Self-Talk Gruppe bessere Leistung als die Gruppe ohne die sportpsychologische Technik?

    Insgesamt gab es 4 Sitzungen an 4 Tagen. Am ersten Tag wurden die Personen über den Verlauf des Experiments aufgeklärt, am zweiten und dritten Tag mussten sie trainieren. Am vierten Tag bestand die Aufgabe darin, 30 Minuten Rad zu fahren. Dabei wurde es heiß, denn die Forscher kurbelten die Temperatur auf 35 Grad an, um die Belastung während der 30 Minuten zu erhöhen.


    Photo by dylan nolte | Unsplash

    Der Titel der Studie spricht für sich: „Beat the Heat – Besiege die Hitze“. Die Experimentalgruppe sollte während der Aufgabe Self-Talk verwenden (z.B. „Come on – komm schon, hold on – halt durch“). Die Kontrollgruppe wurde über diese Möglichkeit nicht informiert.

    Dabei wurde geschaut, wie viel Leistung die Personen gezeigt haben – wie schnell sind sie also mit dem Rad gefahren (in Watt). In den ersten 10 Minuten gab es keine bedeutenden Unterschiede zwischen den Gruppen, beide zeigten anfangs ähnliche Leistung. Besonders eindrucksvoll werden die Ergebnisse ab der 15 Minute (siehe Grafik).


    Hatzigeorgiadis, A., Bartura, K., Argiropoulos, C., Comoutos, N., Galanis, E., & D. Flouris, A. (2018). Beat the Heat: Effects of a Motivational Self-Talk Intervention on Endurance Performance. Journal of Applied Sport Psychology, 30(4), 388-401, DOI: 10.1080/10413200.2017.1395930.

    Die Teilnehmer der Experimentalgruppe, die Self-Talk verwendet haben, zeigten zum Ende des Testdurchgangs eine deutlich bessere Leistung als die Kontrollgruppe – obwohl beide Gruppen identischen Anstrengungen ausgesetzt waren. Fazit der Studie: Self-Talk reduziert zwar nicht die objektive Anstrengung, hilft aber, darüber hinwegzusehen, durchzuhalten und sich effektiv auf die Aufgabe zu konzentrieren.

    Du kannst dich also in anspruchsvollen und schwierigen Situationen mit motivierenden Phrasen (Halt durch! oder Mach weiter!) antreiben. Natürlich kann es auch eine andere Phrase sein, die du für dich verwendest.

    Dass jede Technik auch ihre Schattenseiten hat, ist nachvollziehbar. Wenn wir kurz nachdenken, dann leuchtet uns ein, dass ein „zu intensiv“ geführter innerer Dialog zum „inneren Durcheinander“ beitragen kann (Tenenbaum & Eklund, 2007, S.92). Self-Talk daher bitte maßvoll genießen.

    Quellen

    Hatzigeorgiadis, A., Bartura, K., Argiropoulos, C., Comoutos, N., Galanis, E., & D. Flouris, A. (2018). Beat the Heat: Effects of a Motivational Self-Talk Intervention on Endurance Performance. Journal of Applied Sport Psychology, 30(4), 388-401, DOI: 10.1080/10413200.2017.1395930.

    Kornspan, A. S., & MacCracken, M. J. (2002). The use of psychology in professional baseball. NINE: A Journal of Baseball History and Culture, 11, 36-43.

    Tenenbaum, G., & Eklund, R. C. (Eds.). (2007). Handbook of sport psychology. John Wiley & Sons.

  • Kommunikation – Die stille Kunst

    Kommunikation – Die stille Kunst

     Marc Rafanell López

    Regelmäßig führen wir Gespräche mit Trainern und Spielpartnern, tauschen uns mit anderen aus und stehen in einem mentalen Dialog mit uns selbst. Die genannten Beispiele lassen sich unter dem Punkt Kommunikation zusammenfassen – die Kommunikation mit anderen und mit uns selbst. Im Sport wird diesem Thema eher selten eine Hauptrolle eingeräumt, weder beim Training, noch bei den Wettkampfvorbereitungen.

    Kommunikation bedeutet nicht „Sprechen“

    Viel wäre damit erreicht, wenn wir uns dem Thema öffnen. Zunächst ein paar Gründe, warum es sich lohnt, darüber nachzudenken:

    • Kommunikation im Team hat eine Auswirkung auf die Emotionen der Personen (Tenenbaum & Eklund, 2007, S.46).
    • Kommunikation wirkt sich positiv auf das empfundene Gemeinschaftsgefühl (Teamkohäsion) und Leistung des Teams aus (Tenenbaum & Eklund, 2007, S. 118).
    • Inspirierende und motivierende Kommunikation des Kapitäns oder Trainers gehört zu einflussreichen Faktoren, die das Verhalten der Teammitglieder langfristig beeinflussen (Tenenbaum & Eklund, 2007, S.127)

    Foto von Xuan Nguyen auf Unsplash

    Kommunikation wirkt sich auf unsere Gefühle, Gedanken und unser Verhalten aus. Kurzfristig und langfristig. Der Einfluss der sprachlichen, aber auch der körpersprachlichen Kommunikation ist daher ein wichtiger Anknüpfungspunkt, um die Leistung des eigenen Teams zu verändern. Doch die Selbstverständlichkeit, mit der wir im Sport kommunizieren, macht uns blind für ihre Wichtigkeit.

    In diesem Beitrag möchte ich die Aufmerksamkeit auf einen speziellen Ausschnitt der Kommunikation richten – auf den Prozess des Zuhörens und Wahrnehmens. Wenn wir über Kommunikation sprechen, dann denken wir zuerst an die aktive Rolle des Sprechens, doch mindestens genauso wichtig ist die Rolle des Zuhörens.

    Im Teamsport

    In welchen Momenten ist die Kommunikation zwischen dir und den anderen Teammitgliedern von großer Bedeutung? In welchen Situationen bist du auf die Informationen der anderen angewiesen, um deinen „Job“ besonders gut zu machen? Agierst du und die anderen Spieler als ein Ganzes?

    Natürlich gibt es immer wieder Kommunikationsschwierigkeiten und Missverständnisse. Allerdings kann die gezielte Übung der eigenen Wahrnehmung die Fähigkeit verbessern, die Rufe oder Zeichen der eigenen Mitspieler zu sehen und entsprechend zu agieren. Die Aufnahme von solchen Zeichen kann spielentscheidend sein.

    Im Einzelsport

    In welchen Momenten kann die Kommunikation mit sich selbst von Vorteil sein? Wann solltest du dich selbst befragen? Z.B. „Soll ich den Time-Out jetzt nehmen oder noch etwas warten?“ In welchen Momenten ist diese Aufmerksamkeit nicht notwendig und vielleicht sogar schädlich? Es zeigt sich, dass das Starten eines inneren Dialogs in Drucksituationen nicht förderlich ist.

    Dadurch können die aufgebauten Automatismen gestört werden und die eigene Leistung negativ beeinflussen. Zum inneren Zuhören gehört auch das Nachdenken und Grübeln über die eigenen Fehler – sei dir dessen bewusst, dass es in vielen Situationen kontraproduktiv ist, mit dem Nachdenken anzufangen, während du im Spiel bist.

    Das Zuhören als Übung begreifen

    Wie gut kannst du deinem Trainer, deinen Teamkollegen und dir selbst zuhören? Mach es dir zur Aufgabe, aufmerksam zu sein und deinen Gesprächspartnern konzentriert zuzuhören. Wann bist du auf die Informationen der anderen angewiesen, um Punkte zu erzielen oder zu verhindern? Führe dir vor Augen, in welchen Situationen das Zuhören besonders wichtig ist und bereite dich auf diese Situationen mental vor.

    „The true professional in every field performs from a base of solid faith in his potential to act successfully.

    He doesn’t listen to self-doubt.“

    Matthew Syed – Bounce

    Quellen

    Syed, M. (2010). Bounce. New York, NY: HarperCollins.

    Tenenbaum, G. & Eklund, R. C. (2007). Handbook of sport psychology.