Irgendwie glauben wir, dass unser Glück immer erst in der Zukunft liegt. Warum können wir nicht schon jetzt glücklich sein? Glück ist nicht an Zeit gebunden – es kann jetzt, gleich oder erst in zwei Jahren auftreten. Aber häufig versprechen wir es uns erst in der Zukunft, wenn wir weit weg auf einer Urlaubsinsel sind oder wenn wir mehr Geld, mehr Platz, mehr Einfluss, mehr Kinder oder mehr Freunde haben.
Damit kommen wir zu der Frage, was Glück und Glückseligkeit eigentlich bedeuten. Bereits im Titel ist angedeutet, dass wir hier über Glück als eine Form von Zufriedenheit und innerem Wohlbefinden sprechen. Wie fühle ich mich also morgens nach dem Aufstehen oder wenn ich bei der Arbeit bin? Bin ich da glücklich und zufrieden mit mir und meinem Leben? Und wie kann ich glückseliger und zufriedener werden?
Es geht hier also weniger um den ekstatischen Rausch nach dem Sport, beim Sex oder wenn wir ein anderes persönliches Ziel erreichen, das uns für kurze Zeit in Ekstase versetzt. Diese Momente sind intensiv und schön, vergehen häufig aber genauso schnell wie sie entstehen.
Glück, Glückseligkeit und Zufriedenheit über die wir hier nachdenken, sind langfristige Begleiter unseres Lebens und sind sehr individuell. Und dennoch lassen sich einige fundamentale Säulen des Glücks benennen, die sich jeder von uns zunutze machen kann.
GLÜCK IST NICHT AN ZEIT UND LEISTUNG GEBUNDEN
In stillen Momenten merken wir vielleicht, dass die Jagd nach dem Glück nicht das erhoffte Ergebnis gebracht hat. Vielleicht wird uns dann bewusst, dass das persönliche Glück, wie die Sonne, schon immer da war und für uns immer da sein wird. Wir haben uns selbst getäuscht, als wir geglaubt haben, dass wir es suchen oder es uns verdienen müssen. Anders als für uns, spielt Zeit für Glück keine Rolle. Jeder Moment und jeder Atemzug kann ein Glücksmoment sein.
Warum fällt es uns dann so schwer, glücklich zu sein? Ich glaube, weil wir gelernt haben, dass wir nur dann etwas bekommen, wenn wir dafür etwas tun. Wenn du etwas Gutes tust, dann bekommst du Aufmerksamkeit. Wenn du glücklich sein willst, dann musst du 30 Jahre hart arbeiten oder eine Familie haben oder an Gott glauben oder ein guter Mensch sein oder Geld haben. Häufig übernehmen wir diese Wenn-Dann-Verbindungen von unserer Umwelt, ohne sie zu hinterfragen. Das Ergebnis: Ich kann also erst glücklich sein, wenn ich …
BESTELLT, ABER NICHT BEKOMMEN
Das Leben und das Glück ist aber keine Wenn-Dann-Gleichung. Man mag denken, dass wenn man fleißig, geduldig, gewissenhaft und tugendhaft ist, dass man ein schönes Leben haben und glücklich sein wird. Doch die Realität sieht manchmal anders aus. Manchmal kriegen wir das, was wir nicht bestellt haben.
Glück muss man sich nicht verdienen. Glück und Zufriedenheit sind in jedem Moment möglich. Es mag eigenartig klingen, aber das ist eine Erkenntnis, die schon seit Generationen weitergegeben wird. Darüber schreibt Laozi in seinen Schriften des Tao Te King 400 v.C.
Er wünscht Wunschlosigkeit.
Er hält nicht wert schwer zu erlangende Güter.
Er lernt das Nichtlernen.
Er wendet sich zu dem zurück, an dem die Menge vorübergeht.
Dadurch fördert er den natürlichen Lauf der Dinge.
Was ist mit den Sätzen gemeint: „Er wünscht sich Wunschlosigkeit…Er wagt nicht zu handeln“? Ich finde diese Zeilen beschreiben die Essenz von dem, was Millionen von Menschen täglich praktizieren, um sich zu zentrieren, sich selbst näher zu kommen und um glücklicher zu sein.
Meditation, Yoga, Achtsamkeit, Tai-Chi, Qi Gong und Autogenes Training fokussieren sich auf das Nicht-Handeln und auf Wunschlosigkeit. Denn erst in der Stille merken wir, wie laut unser Leben ist. Erst in schlechten Zeiten merken wir, dass unser Leben schön war. Erst nachher merken wir, dass das das Glück im Jetzt lag.
QUELLE
Fordyce, M. W. (1981). The psychology of happiness: A brief version of the fourteen fundamentals.
Erwartungen bestimmen dein Leben. Und du bestimmst deine Erwartungen. Bestimmst du also über dein Leben? Erwarte viel und du bekommst viel. Erwarte wenig und du bekommst wenig. Nicht immer ist die Rechnung so einfach, doch die Tendenz stimmt. Wenn du nichts forderst, bekommst du auch nichts.
Die objektiven Zustände im Leben werden durch deine Erwartungen geformt. Erwartest du, dass das Dasein voller Gefahren ist, dann wirst du genügend Beweise dafür finden. Diese Gedanken nähren Angst und Zweifel. Du versuchst den Gefahren zu umgehen, meidest Situationen, Menschengruppen und Gelegenheiten. Die Erwartungen haben dich dann in ein Leben gezwängt, das von Angst und Missmut bestimmt ist.
WELCHE ERWARTUNGEN BESTIMMEN DEIN LEBEN?
Erwartest du, dass das Leben voller Schönheit ist, dann wirst du auch dafür Beispiele finden. Das wird dich motivieren, neue Herausforderungen aufzusuchen, Kontakt zu Menschen aufzunehmen und Gelegenheiten als Möglichkeiten für Wachstum zu sehen.
Solche Erwartungen haben dir dann ein Leben ermöglicht, das von Neugier und Zuversicht bestimmt ist. Welche von den beiden Erwartungen bevorzugst du – die mit den Gefahren oder die mit der Schönheit?
Und von welchen Erwartungen wird dein Leben zurzeit bestimmt?
BESTIMME DEINE ERWARTUNGEN
Es ist mir wert, den Anfangssatz zu wiederholen. Erwartungen bestimmen dein Leben. Und du bestimmst deine Erwartungen. Setze sie zu hoch und du kannst enttäuscht werden, wenn das Erwartete nicht eintrifft. Setze sie zu niedrig und du lebst ein Leben, das dich nicht erfüllt. Sich selbst zu fordern ohne sich zu überfordern ist wohl eine Kunst, die kein Richtig und Falsch kennt. Es ist eine Balance, die jeder für sich finden muss. Diese Sätze zu schreiben ist leicht. Und sie zu lesen noch leichter. Erst mit der Umsetzung beginnen die Abenteuer.
QUELLE
Fordyce, M. W. (1981). The psychology of happiness: A brief version of the fourteen fundamentals.
Wir suchen nach einer Formel, die uns Zufriedenheit, Gesundheit und Produktivität bringen kann. Doch mich stört das Wort bringen – es klingt so, als müsste man nichts tun, als bekomme man etwas geschenkt. Stimmt natürlich nicht. There is no such thing as a free lunch [1].
Nichts ist umsonst. Vielleicht dann lieber so: Wir suchen eine Formel, die uns hilft, Zufriedenheit, Gesundheit und Produktivität zu erarbeiten. Wir suchen also nach einem Werkzeug, das hilft, unser Leben schöner zu gestalten. Dieser Beitrag wurde durch die Arbeit von Grant und Schwartz (2011) inspiriert, zwei Psychologen aus den USA, die eine wissenschaftliche Arbeit über Mangel und Überfluss veröffentlichten. Originaltitel der Arbeit: Too Much of a Good Thing: The Challenge and Opportunity of the Inverted U.
Im Wesentlichen geht es in der Arbeit der Forscher um die Suche nach der Mitte zwischen zwei Extremen, als der Weg zum Glück und Erfolg. Der Gedanke geht bis zum griechischen Denker Aristoteles zurück, der schon damals mahnte, dass zu viel des Guten etwas Schlechtes ist. Gutes Essen wird zur Qual, wenn man sich vollstopft, während zu wenig Essen auch ein Problem ist. Zu wenig Mut bedeutet Feigheit, zu viel Mut bedeutet Leichtsinn. Der Punkt ist klar, oder? Mangel und Überfluss sollten vermieden werden, wenn man glücklich und erfolgreich sein möchte. Einleuchtend. Bisher aber nur graue Theorie.
Alexander der Große und sein Privatlehrer, Aristoteles.
Jetzt sehen wir uns die Beweise für ihre Theorie an. Wusstest du, dass ein Stressor deine Widerstandsfähigkeit erhöht? Ein Stressor kann ein plötzliches lautes Geräusch sein oder eine Spinne. Die Spinne (Stressor), die du plötzlich entdeckst, aktiviert deinen Überlebensmechanismus, den du nicht bewusst steuern kannst (Widerstandsfähigkeit wird erhöht).
Das Herz pumpt schneller, die Lungen bekommen mehr Sauerstoff durch die schnellere Atmung und deine Muskeln werden stärker durchblutet. Du bist bereit für den Kampf … oder die Flucht. Es ist die Kampf-oder-Flucht-Reaktion [3].
Das Allgemeine Anpassungssyndrom – Vereinfachte Darstellung
Der Stressor macht dich also stärker und schneller. Aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Nach einer gewissen Zeit, macht er dich schwächer und langsamer, der Körper ist ja auch irgendwann erschöpft. Dieser Effekt lässt sich durch eine Glockenkurve darstellen und ist bekannt als das Allgemeine Anpassungssyndrom [2].
Wie du siehst, liegt die Kraft in der Mitte, also in der Balance zwischen Mangel und Überfluss (an physischer Erregung in diesem Fall). Wir lernen daraus, dass eine geringe Portion Stress die Konzentration steigern und unsere Leistung erhöhen kann (z.B. Srivastava & Krishna, 1991).
Wenn ich du wäre, wäre ich noch nicht überzeugt, also schauen wir weiter. Nehmen wir uns eine Persönlichkeitseigenschaft vor, die dir vielleicht bekannt ist – Gewissenhaftigkeit [4]. Wir übersetzen es hier grob als die Eigenschaft, die darüber mitbestimmt, wie zielstrebig und genau du arbeitest und wie viel Selbstkontrolle du über dich selbst hast.
Zwar wird Gewissenhaftigkeit gerne in Verbindung mit Erfolg und mit positivem Verhalten gesetzt, in einer extremen Ausprägung kann sie aber auch Nachteile haben.
Wrosch et al. (2007) zeigten in ihren Experimenten, dass Personen, die in der Lage sind, von Zielen abzutreten, sich körperlich und psychisch gesünder fühlen, als Personen, die ihre Ziele weiterhin verfolgen (obwohl es unwahrscheinlich ist, dass sie sie erreichen können). Warum denn das? Zielstrebigkeit ist doch eigentlich gut? Warum fühlen sich denn die Abbrecher besser?
Wir können annehmen, dass ein zu schnelles Lösen von den eigenen Zielen genauso destruktiv ist, wie ein zu langes Beharren. Das sind beides Extrembeispiele von Mangel und Überfluss an Durchhaltevermögen.
Auch hier ist der mittlere Weg adaptiv, also gesund und führt langfristig zu „besseren“ Ergebnissen für den Organismus. Dass ein besseres Ergebnis für den Organismus aber nicht gleichbedeutend mit Erfolg ist, müssen wir hier unterstreichen.
Verstehst du was ich meine? Wenn die Person A sich irgendwann von ihrem Ziel löst, dann geht es ihr vielleicht körperlich und mental besser als der Person B, die ihr Ziel nicht aufgeben möchte.
Aber es ist denkbar, dass Person B mehr Erfolg hat, weil sie ihre Ressourcen vollständig für das Ziel einsetzt und das Unmögliche schafft, allerdings auf Kosten ihrer körperlichen und mentalen Verfassung.
Auch während der Meditation machen wir uns auf die Suche nach der inneren Mitte.
Schauen wir uns ein Beispiel aus der Arbeitswelt an. Arbeitgeber sind daran interessiert, motivierte und kreative Mitarbeiter einzustellen, um einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenten zu haben. Doch Kreativität ist keine Holzlatte, die man aus dem Keller holen kann, wenn man sie braucht. Kreativität ist anfällig für Stimmungen und Emotionen.
Positive Gefühle scheinen die Kreativität zu steigern und die Originalität der Ideen zu erhöhen, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Wenn die Intensität der Gefühle zu stark wird, dann hat das eine negative Wirkung auf Kreativität (Davis, 2008). Nach einigen Beispielen können wir also zusammenfassen, dass sich die Suche nach der Mitte lohnen kann und zwar nicht nur bei negativen Eigenschaften (Wut, Ekel, Scham), sondern auch bei positiven (Freude, Begeisterung, Zufriedenheit).
Dass auch ein Überfluss an Fröhlichkeit zu einem Problem werden kann, zeigte z.B. Martin et al. (2002) in seiner Langzeitstudie, mit Daten aus mehreren Jahrzehnten. In seiner Arbeit wurden die Daten von über 1.000 Männern und Frauen untersucht, von der Kindheit bis zum Tod. Aus den Ergebnissen folgerten die Forscher, dass extreme Fröhlichkeit teilweise zu ihrem Tod beitrug, weil sie häufiger Alkohol tranken, rauchten und andere Dinge taten, die ihrer Gesundheit schadeten.
Diese Menschen gingen unbekümmerter mit ihrer Gesundheit um, weil sie so fröhlich waren, so die Annahme. Es ist jetzt allerdings kein Grund, um eine depressive Phase einzuleiten. Extreme Fröhlichkeit war nur ein Faktor, der zum Tod beitrug. In einem mittleren Maße trägt Fröhlichkeit zu Langlebigkeit und einem glücklichen Leben bei (Martin et al., 2002).
Wir setzen noch einen drauf und sehen uns das Wohlbefinden von ehrenamtlichen Helfern an. Du kennst jetzt das Prinzip. Mangel und Überfluss sind möglichst zu vermeiden. Die Forschung zeigt, dass ehrenamtliche Helfer eine bessere Gesundheit haben, psychisch gesünder sind, ihr Leben positiver bewerten und länger leben, als Menschen, die keine freiwillige Arbeit ausüben (Windsor, Anstey & Rodgers, 2008). Wow! Oder? Du findest die Studie frei zugänglich unter diesem Link.
Jetzt kommt der Haken – ehrenamtliche Arbeit gibt den Helfern einen positiven Schub nur dann, wenn sie es nicht übertreiben. Bei zu viel Engagement sinkt das Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit der Menschen. Warum? Weil sie überfordert sind und schlicht zu wenig Zeit und Energie für Dinge haben, die ihnen wichtig sind (Windsor, Anstey & Rodgers, 2008).
Wenn wir nachdenken, dann erkennen wir, dass die Suche nach der Balance ein universelles Phänomen ist.
Ich denke, wir haben uns nun genug Studien angesehen und können einmal zusammenfassen. Mein Vorschlag ist es, sich auf die Suche nach der Balance zwischen Mangel und Überfluss zu machen. Machen wir uns nichts vor – diese einfache Formel ist kein Allheilmittel und es wird Beispiele geben, wo sie keine Anwendung findet.
Aber ihre Schlichtheit ist verlockend. Ich bin überzeugt, dass die Suche nach der Mitte das eigene Leben etwas zufriedener, gesünder und produktiver machen kann.
Quellen
Davis, M. A. (2009). Understanding the relationship between mood and creativity: A meta-analysis. Organizational behavior and human decision processes, 108(1), 25-38.
Grant, A. M., & Schwartz, B. (2011). Too much of a good thing: The challenge and opportunity of the inverted U. Perspectives on Psychological Science, 6(1), 61-76.
Martin, L. R., Friedman, H. S., Tucker, J. S., Tomlinson-Keasey, C., Criqui, M. H., & Schwartz, J. E. (2002). A life course perspective on childhood cheerfulness and its relation to mortality risk. Personality and Social Psychology Bulletin, 28(9), 1155-1165.
Srivastava, A. K., & Krishna, A. (1991). A test of inverted“ U“-hypothesis of stress-performance relationship in the industrial context. Psychological Studies.
Windsor, T. D., Anstey, K. J., & Rodgers, B. (2008). Volunteering and psychological well-being among young-old adults: How much is too much?. The Gerontologist, 48(1), 59-70.
Wrosch, C., Miller, G. E., Scheier, M. F., & De Pontet, S. B. (2007). Giving up on unattainable goals: Benefits for health?. Personality and Social Psychology Bulletin, 33(2), 251-265.
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